Jetzt geht es gegen die eigenen Bosse

■ DGB-Beschäftigte sind unzufrieden mit Einsparungen / Neuer Interessenverband wurde gegründet / Nach einem "Panorama"-Bericht klafft in der Kasse des Gewerkschaftsbundes ein Loch von 40 Millionen

Berlin (taz) – Eigentlich ist der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) dazu da, die Interessen der Arbeitnehmerschaft nach außen zu vertreten. Jetzt aber muß die DGB-Leitung mehr und mehr Widerstand von den eigenen Beschäftigten erwarten. Ein neuer „Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten“ hat sich neben dem Betriebsrat im DGB gegründet, um die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten.

Offenbar seien die Gründer des Verbandes „mit der Arbeit des Betriebsrates unzufrieden“, sagte eine Betriebsrätin in der DGB-Zentrale in Düsseldorf. Beim DGB sind für dieses Jahr drastische Einsparungen auch beim Personal geplant. Der DGB will in den kommenden Jahren mehr als zehn Prozent seiner 2.600 Arbeitsplätze abbauen. Es existiert ein Sozialplan.

DGB-Sprecher Hans-Jürgen Arlt sprach in einer Presseerklärung gestern allerdings nur von einem „Einstellungsstopp“ und vielen weiteren „im Einzelfall durchaus schmerzlichen Maßnahmen“, um Kosten zu reduzieren. Die Gespräche mit dem Betriebsrat über den Stellenabbau seien teilweise noch im Gang.

Nach Informationen des ARD-Fernsehmagazins „Panorama“ muß der DGB in diesem Jahr mit einem Finanzloch von 40 Millionen Mark rechnen. Dies ergäbe sich aus der Differenz zwischen den zu erwartenden Einnahmen und den drastisch gestiegenen Personalausgaben.

DGB-Sprecher Hans-Jürgen Arlt widersprach gestern allerdings dem Bericht des Fernsehmagazins. 1994 werde man zwar ein niedrigeres Haushaltsvolumem haben als im Vorjahr, so Arlt. Aber auch dieser Haushalt werde ausgeglichen sein, was mit Kostenreduzierungen erreicht werde. Ursache der Finanzkrise des Dachverbandes sind die gesunkenen Mitgliederzahlen. Seit 1991 hat die Zahl der im DGB organisierten Gewerkschafts-Mitglieder um mehr als 13 Prozent abgenommen. Dies ist vor allem auf den Arbeitsplatzabbau in den neuen Bundesländern zurückzuführen. Bisher schon wurden im DGB Einsparmaßnahmen beschlossen. Das DGB-Forschungsinstitut WSI wird an die Hans-Böckler-Stiftung angegliedert. Dabei soll die Mitarbeiterzahl des WSI reduziert werden.

Widerstand gegen den Sparkurs des Dachverbandes ist dem Vorstand nicht neu. Im November vergangenen Jahres hatten Mitarbeiter des DGB-Berufsfortbildungswerkes (bfw) gegen den eigenen Dachverband gestreikt, um sich gegen eine Einfrierung der Löhne und Gehälter zur Wehr zu setzen. Barbara Dribbusch