Paragraph-218-Reform kommt, sie kommt nicht, sie kommt, sie...

■ Bundestag beschloß, Bundesrat wird ablehnen

Bonn (taz) – Mit der äußerst knappen Mehrheit von 264 zu 260 Stimmen verabschiedete der Bundestag gestern den Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zum Abtreibungsrecht. Das Gesetz folgt dem Verfassungsgerichtsurteil von 1993, das den Kompromiß von 1992 für teilweise verfassungswidrig erklärt hatte. Unter den 260 Abgeordneten, die dagegen votierten, befinden sich auch ultrakonservative „Lebensschützer“ aus den Reihen der Union, die eigene Anträge zur Verschärfung des Abtreibungsrechts eingebracht hatten. Die SPD-Politikerin Inge Wettig-Danielmeier kündigte gestern erneut den Widerstand ihrer Partei gegen den Koalitionsentwurf an. Sollte die SPD tatsächlich im Bundesrat am 8. Juli ihr Veto einlegen, wird sich der Vermittlungsausschuß in den zwei Sitzungswochen zwischen Sommerpause und Bundestagswahl mit dem Thema Abtreibungsrecht befassen müssen. Es könnte dann wohl endgültig erst in der neuen Legislaturperiode verabschiedet werden. Strittig sind zwischen Koalitionsmehrheit und SPD Beratungsmodalitäten, Finanzierung und Strafandrohungen für das familiäre Umfeld.

„Obstruktionspolitik in Wahlkampfzeiten“ (Inge Karwatzki, CDU), „Verweigerungshaltung“ (Uta Würfel, FDP) – so lauteten die Vorwürfe gegen die SPD, die ihren eigenen Gesetzentwurf eingebracht hatte. Wettig-Danielmeier kritisierte, daß der Koalitionsentwurf mit seiner geplanten Form der Beratung „den Weg zur Abtreibung mit Einschüchterung und Bedrohung pflastere“. In puncto Beratung gehen die Interpretationen selbst innerhalb der Koalition drastisch auseinander. Während FDP-Politikerin Würfel bereits das Zustandekommen einer Beratungssituation als ausreichend betrachtet („die Frau muß nicht reden, wenn sie nicht will“), ist die Gesprächsmitwirkung für die CDU/CSU „Conditio sine qua non“, so Ursula Männle (CSU). „Eine Beratung, die nicht stattgefunden hat, kann nicht bestätigt werden.“ Myriam Schönecker

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