■ Bonn (diesmal weniger) apart
: Alptraum Staatsempfang

Bonn (taz) – Tschingdarassa- Bum! Vor der Villa Hammerschmidt verklingen die letzten Töne des Deutschlandliedes. „Meine Damen und Herren“, so sagt der Fernsehreporter nach einer Wirkungspause, „Bundespräsident Herzog hat dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin soeben versichert, daß Deutschland ein ausländerfreundliches Land ist.“

Die Kamera schwenkt auf die Wachsoldaten. Doch als der hohe Staatsgast an der Aufstellung vorüberschreitet, da sagt einer der Uniformträger: „Juden raus!“ So laut und deutlich sagt er es, daß es auch im Fernsehen noch gut zu hören ist.

Abends im Hotel, im renommierten Bonner „Scandic Crown“, kriegen die Journalisten aus Israel noch mehr zu sehen. Vor der Tür protestieren Demonstranten gegen den österreichischen Rechtsausleger Jörg Haider, der in der Nobelherberge eine Wahlkampfrede für den „Bund freier Bürger“ hält. Das Hotel steht auf dem Gelände der 1938 von den Nazis niedergebrannten Bonner Hauptsynagoge. Und Haiders Partei ist für antisemitische Äußerungen bekannt.

Die Szenen sind erfunden und willkürlich kombiniert: Der Skandal beim Staatsempfang blieb aus. Haider hat seine Parolen nicht auf Synagogentrümmern verbreiten dürfen.

Ganz frei erfunden sind die Szenen aber leider nicht. Gegen Soldaten des Wachbataillons wird ermittelt. Sie sollen in einem Bus randaliert und die Nazi- Parolen „Ausländer raus“ und „Juden raus“ gerufen haben. Und Haider war ins „Scandic Crown“ eingeladen.

Wahr geworden sind die bösen Phantasien nicht. Der Busfahrer hat die Türen verriegelt und die Polizei gerufen. Und das Bonner Netzwerk Friedenskooperative hat den Hoteldirektor des „Scandic Crown“ bedrängt und die Presse alarmiert. Der Direktor hat Haider wieder ausgeladen. Wenn schließlich der Staatsanwalt, der inzwischen gegen die Wachsoldaten ermittelt, seine Arbeit gründlich tut, dann drohen Staatsgästen auch keine Beschimpfungen.

Die Soldaten streiten schließlich alle Vorwürfe ab – bis auf eine kleine Ohrfeige für einen Zivilisten, der die Uniformträger beleidigt haben soll. Es fällt schwer, aber die Unschuldsvermutung muß auch für sie gelten. Auch wenn auffällt, daß ein beherzter Busfahrer und die Netzwerk-Leute viel aufmerksamer waren als ein ganzes „Wachbataillon“ zusammen.

Hans Monath