Dramen demnächst in 90 Minuten?

■ Vom Kicken zur Kunst: Wie Ex-HSV-Chef Jürgen Hunke die Kammerspiele retten will

Daß Künstler dem König Fußball und seinen euphorischen Festen in den Vereins-Tempeln zugeneigt sind, ist nicht neu. Daß Kicker sich für mehr als Ballkunststückchen begeistern, ist dagegen seltener. Eine Ausnahme: Jürgen Hunke. Der Ex-Präsident des HSV beweist seit einiger Zeit, daß sich auch ein Fußballfreund für Kunst und im Speziellen für Theater engagieren kann. Er will jetzt in den Kammerspielen für „positive Ergebnisse“ sorgen.

taz: Herr Hunke, als Sie vor drei Monaten als „Retter der Kammerspiele“ antraten, schüttelte die Fachwelt verwundert den Kopf. Ein Fußballfan als Kunst-Mäzen?

Jürgen Hunke: Da gibt's nur quantitative Unterschiede. Stadion und Theater sind beides Bühnen. Als ich vor sechs Monaten hörte, daß das Haus an der Hartungstraße akut von der Schließung bedroht ist, war für mich als Kunstliebhaber sofort klar: Das muß verhindert werden.

Und alsbald avancierten Sie zum kaufmännischen Direktor. Wie hoch ist Ihr Gehalt?

Eine Mark pro Spielzeit. Ich mache das ehrenamtlich. In zwei Jahren werde ich das Haus in geordnetem Zustand übergeben.

Was heißt das?

Das heißt: Die Kammerspiele als weltstädtisches Kommunikationszentrum.

Wie soll das gehen? Bisher herrscht an der Hartungstraße fröhliches Familientreiben vor. Intendant Stephan Barbarino inszeniert, Ehefrau Josefine entwirft die Plakate, Söhnchen David (11) darf - angeblich gegen Honorar - die Programmhefte ausmalen und nun ist auch noch der Schwager als neuer Innenausstatter im Gespräch.

So? Das ist mir neu. Ich lasse mich hier auch nicht in einen Konflikt mit Barbarino hineindiskutieren. Die Außenwerbung allerdings muß sich ganz schnell und ganz entscheidend verbessern, da gebe ich Ihnen recht. Aber dazu brauche ich zuallererst ein erfolgreiches, volles Haus, und zwar auf Dauer. Das Theater ist in einem schrecklichen Zustand. Da muß im Kopf was passieren. Ich habe erstmal Brainstorming eingeführt, einmal pro Woche am runden Tisch. Probleme werden benannt, dann wird diskutiert.

Wie wollen Sie die Sanierung erreichen?

Zunächst mal: Die Gewinne aus der Gastronomie müssen im Theater bleiben. Dafür werden wir uns schnell, aber fair vom „Freihafen“ trennen, ein Angebot von uns dazu steht. Mit den Betreibern gibt es momentan eine Menge Probleme. Da wabern Essensdünste durch den Raum, Vorstellungen werden gestört, mit Theater hat das alles nichts zu tun.

Wie sieht denn Ihr Konzept aus?

Mir schwebt eine Art 'gehobene Havanna-Bar' vor, mit Pianomusik und Getränkeaus-schank im ganzen Haus. Im Logensaal möchte ich Kabarett zur ständigen Einrichtung machen. Meine Rechnung: Wir brauchen 500.000 Mark aus der Gastronomie bei minimum 60 Prozent Auslastung.

Dazu brauchen Sie aber vor allem einen attraktiven Spielplan.

Ja, und zwar einen positiven. Theater ist Entertainment.

Also nur „Happy End und Sonnenschein“?

Nein. „Positiv“ ist für mich eine Aufführung, bei der das Publikum den Wunsch hat, nach dem Schlußapplaus noch kommunikativ im Theater zu verweilen.

Ärger machen Ihnen auch die Klagen lärmempfindlicher Anwohner.

Ach, das kriege ich schon hin, ich wohne ja auch da. Es sind einige feuerpolizeiliche Auflagen zu erfüllen.

Und was ist mit dem Krach?

Wir wollen hier keine Diskothek einrichten. Aber das Leben macht nun mal Geräusche, das ist eben so.

Mal angenommen, Sie kriegen den Laden zum Laufen und steigen in zwei Jahren aus. Was passiert dann?

Mein größter Wunsch: Eine Mehrzweckhalle für die Weltstadt Hamburg. Über die Sanierung der Kammerspiele möchte ich Investoren dafür gewinnen.

Würde es Sie reizen, selbst mal auf der Bühne zu stehen?

Das ist die dümmste Frage, die mir je gestellt wurde.

Fragen: Walter Wigand