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GSG-9-Rambos gegen kurdisches Kulturzentrum

■ Erfolglose Polizeiaktion in Saarbrücken / PKK-Führer wurde nicht gefunden

Saarbrücken (taz) – Genau 88 Polizisten, darunter schwerbewaffnete und vermummte GSG-9-Beamte, stürmten am Samstag das Kulturzentrum „Alte Feuerwache“ in Saarbrücken und nahmen 62 Personen fest. Im Gebäude residiert der Kurdische Kulturverein. Die Bundesanwaltschaft (BAW) begründete die Rambo- Aktion mit einem Verfahren gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Sie hätten Hinweise gehabt, daß ein wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gesuchter PKK-Führer an der Versammlung im Kurdischen Kulturverein teilnehmen wollte. BAW-Sprecher Rolf Hannich räumte später ein, daß die Aktion erfolglos war, weil der mit Haftbefehl Gesuchte gar nicht anwesend gewesen sei. „Zweifellos“ hätte es sich bei dem Treffen aber um eine „Funktionärsversammlung“ gehandelt. Bis zum Sonntag ließ die Polizei mit einer Ausnahme alle Festgenommenen wieder frei.

Mitglieder des in dem Gebäude untergebrachten Antirassistischen Notruftelefons schildern den Ablauf des „Überfalls“ als äußerst brutal. Vermummte, mit Maschinenpistolen und teilweise mit Präzisionsgewehren bewaffnete Polizisten seien aus zwei Möbelwagen gesprungen und hätten sofort das Gebäude gestürmt. Dabei seien Türen, statt sie zu öffnen, aus der Verankerung gerissen worden. GSG-Beamte hätten auf bereits am Boden liegende Kurden eingetreten. Sie hätten auch Räume gestürmt, die nicht zum Kulturverein gehören. Vor dem Haus seien willkürlich „ausländisch aussehende Menschen“ festgenommen worden.

Die Polizei hingegen bestritt, daß die Aktion gewaltig verlaufen sei. Der Notarztwagen hätte nur kommen müssen, weil ein Kurde einen epileptischen Anfall erlitten hätte. In der Nacht zum Sonntag demonstrierten 200 Menschen vor einer Polizeikaserne gegen die Aktion. Thomas Krumenacker

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