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Friedhofsverwüstung

■ Nach einer Schändung fordern Grüne Denkmalschutz für jüdische Friedhöfe

Frankfurt/Main (taz) – Mit Entsetzen und Abscheu reagierte gestern der bildungs- und kulturpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im hessischen Landtag, Fritz Hertle, auf die Verwüstung des jüdischen Friedhofs in Beerfelden im Odenwald am vergangenen Wochenende. Nach Polizeiangaben haben noch unbekannte Täter das Metalltor am Friedhofseingang gewaltsam aufgerissen und danach alle elf Grabsteine umgestürzt. Einige der alten Grabsteine seien dabei zerbrochen. „Angesichts der zunehmenden Verwüstungen und Schändungen jüdischer Friedhöfe auch in Hessen“, so Hertle, „soll die Bevölkerung mehr auf die jüdischen Friedhöfe achten, um künftig mit mehr Aufmerksamkeit dabei zu helfen, diese beschämenden Überfälle antisemitischer Rechtsextremisten zu verhinden.“ Hertle kündigte in Wiesbaden eine landespolitische Initiative der Bündnisgrünen an, jüdische Friedhöfe und Synagogen demnächst unter Denkmalschutz zu stellen, „um das kulturelle Interesse der Kommunen zu stärken und jüdische Friedhöfe und Synagogen dadurch besser zu schützen“.

Der Odenwald gilt in Hessen als Hochburg der Rechtsradikalen. Zum 100. Geburtstag von Hitler 1989 hatten sich im Restaurant einer Burgruine ganz in der Nähe von Beerfelden die harten Neonazis um den verstorbenen Michael Kühnen zur „Führer-Geburtstagsparty“ versammelt. Polizei und Verfassungsschutz waren seinerzeit „beobachtend“ vor Ort – und die makabre Nazifeier mit Hakenkreuzfahne an der Wand und Führerbild auf dem zum „Altar“ umfunktionierten Kneipentisch konnte ungestört über die Bühne gehen.

Im benachbarten Hetzfeld hatte der Wirt der Bahnhofskneipe 1985 ein Schild angebracht, auf dem zu lesen stand, daß Türken sein Lokal nicht betreten dürften. Das OLG Frankfurt/Main gestand dem Wirt das Recht zu, dieses diskriminierende Schild in seinem Lokal aufzuhängen. kpk

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