Die Krake arbeitet Wünsche ab

■ Scientologen wieder als Umwandlungsspekulanten aktiv / Mieter unter Druck gesetzt / Mieterverein zu Hamburg schlägt Alarm Von Thomas Koch

Eine alarmierende Berechnung des Mieterverein-Juristen sorgt für Aufregung in Hamburg: „Bei jeder zweiten in Eigentum umgewandelten Mietwohnung, die per Zeitung zum Verkauf angeboten wird, haben Scientologen ihre Finger im Spiel“, schätzt Wilfried Lehmpfuhl vom „Mieterverein zu Hamburg“. Drei neue Beispiele belegen: Die Mitglieder der weltweit operierenden Sekte sind auf dem Immobilienmarkt der Hansestadt aktiver denn je.

Anfang April, so enthüllt das Eimsbüttler Stadtteilmagazin „HH19“ in seiner heute erschienenen Ausgabe, kaufte die Berliner Firma „Meta Real Grundstücksgesellschaft“ die Häuser Langenfelder Straße 72 und 74. Zwar bestreitet Meta Real-Geschäftsführer Fred Anton entschieden, Scientologe zu sein, doch bedient er sich bei der Weiterveräußerung der von ihm erstandenen Wohnungen der Hilfe von Personen, die von der Sekte geschult wurden.

Bereits wenige Tage nach Erwerb des Altbaukomplexes schickte Antons Immobilienfirma den BewohnerInnen den „Mieterberater“ Christoph Maessen ins Haus, der bereits im Scientology-Stammland USA Kurse der Sekte belegt hatte. Den Mietern empfahl dieser, ihre Wohnungen zu kaufen, wenn sie verhindern wollten, daß diese an private Anleger weitervermietet würden.

Wie MieterInnen von Scientologen im Auftrag der „Meta Real“ mit solchen Kaufofferten die Pistole auf die Brust gesetzt wird, beweist ein Beispiel aus Altona: Hier kaufte die „Meta Real“ das Haus Arnoldstraße 48 und schickte den BewohnerInnen die bekennenden Scientologen Eva Schnell und Rosl Reddy ins Haus: „Innerhalb von fünf Tagen mußten wir entscheiden, ob wir unsere Wohnungen kaufen“, berichtet eine Mieterin.

Als die Bewohnerin ablehnte, wurde ihr ein weiteres Angebot gemacht: „70.000 Mark Abfindung, wenn Sie sofort ausziehen“. Inzwischen wurde die Wohnung von „Meta Real“ an ein Ehepaar weiterveräußert. „Ich befürchte horrende Mietsteigerungen, und daß auf mich Druck ausgeübt wird, auszuziehen“, klagt die Mieterin. Denn für die neuen Besitzer dürfte sich der Wohnungskauf nur rechnen, wenn die noch günstigen Mieten rapide klettern oder sie die Wohnung leerstehend weiterverkaufen können.

Der Arnoldstraßen-Deal zeigt beispielhaft die Gewinnstrategie der Firmen im Dunstkreis der Sekte. Ende 1993 kaufte die „Meta Real“ das Objekt vom „Bauverein“ des Hamburger Großunternehmers Kai Wünsche - nach taz-Informationen für rund 1,7 Millionen Mark. Neun der elf Wohnungen haben die Immobilienspekulanten bereits nach einem halben Jahr weiterverkauft. Insgesamt werden sie - rechnet man die Verkaufspreise der bereits veräußerten Wohnungen hoch - den Gesamtkomplex für rund 2,5 Millionen Mark abstoßen.

Bemerkenswert: Obwohl die „Meta Real“ bereits seit Anfang Januar als Arnoldstraßen-Besitzerin ins Grundbuch eingetragen ist, zahlen die BewohnerInnen nach eigenem Bekunden ihre Miete noch immer an die Verwaltungsfirma von Wünsches Bauverein.

Und auch bei einem anderen Wohnungsdeal, dessen Spuren in Richtung Sektenmitglieder führen, hat der ehemalige FDP-Politiker Wünsche, der 1991 in die Schlagzeilen geriet, weil er dem Ober-Scientologen und Wohnungsumwandler Götz Brase mit einem Darlehen von einer halben Million unter die Arme griff, die Finger zumindest mittelbar im Spiel.

Aus Wünsches ehemaligem Wohnungsbestand erstand die im Taunus beheimatete „Gesellschaft für Immobilienverwaltung“ (GFI) über zwei Zwischenhändler die Häuser Bismarckstraße 63-67 in Eimsbüttel. Diese werden zur Zeit über die Firmen „Muhl-Immobilien“ und „Hansen Immobilien“ sowie den Verkaufsvermittler Ivan Solar Privatinteressenten zum Kauf angeboten. Alle drei Namen tauchen auf einer „Giftliste“ des Mietervereins auf, in der die Verstrickungen der „Scientology-Connection“ auf dem Hamburger Immobilienmarkt dokumentiert werden.