■ Vergiftetes Weihwasser, gefährliches „Gnadenbrünnle“
: 28 Pilger einfach umgefallen!

Maria Rain (taz) – Mehrere tausend Gläubige pilgern alljährlich in den kleinen Ort Maria Rain im Allgäu. Das sogenannte „Gnadenbrünnle“ an der Wallfahrtskirche gilt seit dem Jahr 1086 als heilbringend. In grauer Vorzeit haben Kranke aus der Quelle getrunken und sollen daraufhin wieder gesund geworden sein. Ein neuer Wallfahrtsort ward geboren. Doch das heilsame Wasser ist verseucht. Das Trinkwasser von Maria Rain ist es angeblich – zumindest teilweise – auch, ebenso das Weihwasser. Und eine dieser Verunreinigungen war jüngst für 45 Pilger äußerst folgenreich: 28 von ihnen erlitten am Ziel ihrer Reise einen Kollaps und holten sich eine Lebensmittelvergiftung.

Ein Großeinsatz von Rettungskräften und die fieberhafte Suche nach den Ursachen für den Vorfall war die Folge. Inzwischen sind die Pilger weitgehend genesen, doch das Rätsel um das verseuchte Weih- und Gnadenwasser wird sich wohl nie ganz lösen können. Matthias Langner, Arzt am Gesundheitsamt Sonthofen, meint: „Die Ursache ist nicht eindeutig festzustellen. Es kann am Essen liegen, am Kartoffelsalat. Es kann auch eine Infektion durch Wasserquellen erfolgt sein.“ Im Kartoffelsalat, im Trinkwasser, im „Gnadenbrünnle“ und im Weihwasser seien Keime, Coli- und Eiterbakterien, festgestellt worden.

Daß das „Gnadenbrünnle“ immer mehr ins Gerede kommt, gefällt den Maria Rainern gar nicht. Kirchenpfleger Georg Tauscher berichtete uns, daß er nach dem Serienkollaps der Pilger selbst vom Quellwasser getrunken habe, ohne daß ihm bislang was passiert sei. Und daß es an der Trinkwasserversorgung liegt, bezweifeln auch viele in der 200-Seelen-Gemeinde Maria Rain, einem Ortsteil von Oy-Mittelberg. Denn im gesamten Ortsbereich, auch in der anderen Gaststätte, seien keinerlei Beschwerden aufgetreten.

Der Jurist am Landratsamt Oberallgäu, Gottfried Mayrock, hat uns inzwischen allerdings bestätigt, daß schon vor Jahren festgestellt wurde, daß das Wasser des „Gnadenbrünnles“ nicht zum Trinken geeignet sei. „Es ist allerdings so, daß das entsprechende Hinweisschild bei einer Renovierung entfernt wurde.“ Mindestens drei Jahre ist das her, genau kann das keiner mehr sagen. Der Kirchenpfleger hat es inzwischen allerdings wieder angebracht. Doch viele Pilger wollen es nach wie vor nicht wahrhaben, daß ihnen das Wasser aus der geheimnisvollen Quelle etwas anhaben kann. Aber in den Ämtern und an den Stammtischen wird weiter gerätselt. Derweil wurde für Maria Rain eine Abkochanordnung erlassen und der Einbau einer Desinfektionsanlage in die Wege geleitet. Klaus Wittmann