Hartes Brot zu beißen

■ Handball-EM in Portugal: Zwei knappe Niederlagen zum Auftakt lassen dem deutschen Team kaum Hoffnung auf das Erreichen des Halbfinales

Lissabon (dpa/taz) – Trotz des Sieges beim Hamburger Vier-Länder-Turnier eine Woche vor Beginn der Europameisterschaft in Portugal war die deutsche Handball-Nationalmannschaft nicht unbedingt mit hochfliegenden Erwartungen nach Lissabon gereist. Von einer „Horrorgruppe“ sprach der Wallauer Martin Schwalb mit Blick auf die Auslosung, die den Deutschen in der Gruppe A die starken Teams aus Rußland und Frankreich schon bei der Vorrunde in den Weg stellte. Sehr gedämpfter Optimismus klang bei Bundestrainer Arno Ehret an: „Wenn wir gut ins Turnier reinkommen, haben wir vielleicht die Chance zu einer Überraschung. Eine Medaille zu holen wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein zu hoher Anspruch und würde die Mannschaft überfordern.“

In der Tat. Nicht erst die Partien gegen die Horrorgegner Rußland und Frankreich, sondern schon die ersten beiden Matches, die knappen Niederlagen gegen Weißrußland (23:24), das in Hamburg noch mit 32:23 deklassiert worden war, sich aber inzwischen mit Superstar Jakimowitsch von Teka Santander verstärkt hat, und Kroatien (22:24), ließen die Halbfinal-Hoffnungen drastisch dahinschmelzen. „Bei der EM zeigt sich, was man kann. Ein Team muß sich maximal konzentrieren können, wenn es darauf ankommt – und nicht nur bei Freundschaftsspielen“, bemerkte süffisant Rußlands Coach Wladimir Maximow. Sein Weltmeisterteam steuert bei der EM souverän auf Titelkurs.

Mit solch biederem Handball wie bislang geboten ist für die DHB-Auswahl selbst das als Minimalziel gesteckte Spiel um Platz fünf in Gefahr geraten. „Bei dem, was an Gegnern noch kommt, hat die Mannschaft noch hartes Brot zu beißen“, graust sich Ehret ein wenig vor der näheren Zukunft und gibt zu, daß er die Mannschaft „in ihrem Reifeprozeß“ überschätzt habe. „Wir sind ein Team solider Handwerker“, stellt er fest, hält aber auch Lob parat: „Es ist positiv, daß die Mannschaft an sich geglaubt und sich immer wieder herangekämpft hat.“

Der 40jährige Coach, der mit seiner Autorität und unbestrittenen Fachkompetenz in die Rolle des Erfolgsgaranten geschlüpft war, spürt zum ersten Mal die ganze Wucht des Erfolgsdrucks und sieht sich Kritikern wie dem Bundesligaausschuß-Vorsitzenden Heinz Jacobsen gegenüber: „Ich kann nicht verstehen, daß der Anspruch damit erschöpft ist, hier etwas zu lernen. Das ist nach einem sechsten WM-Platz zu wenig. Verlieren kann jeder, aber es kommt auf das ,Wie‘ an.“

Und sogar mancher Konkurrent sähe es lieber, wenn die finanzstarken Deutschen erfolgreicher wären. Weißrußlands Trainer Spartak Mironowitsch meinte: „Ich bedaure sehr, was ich von den Deutschen gesehen habe. Nur wenn Deutschland weiterkommt, kommt der Handball insgesamt weiter, gewinnt die Aufmerksamkeit der Sponsoren und Fernsehanstalten.“ Etwa zwei Drittel der Sponsorengelder bei der EM stammen vom deutschen Markt.

Gruppe B: Dänemark - Slowenien 19:19, Schweden - Ungarn 22:18, Portugal - Spanien 18:24; Tabelle: 1. Spanien 4:0; 2. Schweden 4:0; 3. Dänemark 3:1; 4. Slowenien 1:3; 5. Ungarn 0:4; 6. Portugal 0:4

Gruppe A: Deutschland - Kroatien 22:24, Weißrußland - Rußland 23:31, Rumänien - Frankreich 27:26; Tabelle: 1. Rußland 4:0 Punkte; 2. Frankreich 2:2; 3. Kroatien 2:2; 4. Rumänien 2:2; 5. Weißrußland 2:2; 6. Deutschland 0:4