Aach Flichte

■ „Familie Heinz Becker“ – Ein Leben in neun Folgen, um 21.08 Uhr bei ARD

Noch vor wenigen Jahren hatte Gerd Dudenhöffer die undankbare Rolle eines Pausenclowns bei Jürgen von der Lippe, wo er vor allem durch penetrante Kleingeistigkeit auffiel. Dann kam sein Soloprogramm in die Dritten Programme, eine Bühnenshow mit Dudenhöffers Alter ego Heinz Becker als Hauptfigur.

Der Kleinkünstler orientierte sich in der Ausgestaltung seines Helden – ein Saarländer wie sein Schöpfer – deutlich an den realen, vorstädtischen Vorbildern, wie sie sich auch außerhalb des Lafontaine-Landes überall in der Republik entlang des DB-Nahverkehrsnetzes finden lassen. Sein Heinz Becker gehört zu jenen Menschen, die auf die Welt kamen, um die Kleingeistigkeit als Lebensprinzip hochzuhalten.

Inzwischen ist aus dem Bühnenprogramm eine Sitcom geworden, die an wechselnden Schauplätzen innerhalb des schönen Bexbach aufgenommen wurde, wo der Arztsohn und ehemalige Werbegrafiker Dudenhöffer tatsächlich aufgewachsen ist. Heinz Becker kann sich rühmen, der einzige legitime Nachfolger von Menges Sofademagogen Alfred Tetzlaff aus „Ein Herz und eine Seele“ zu sein (anders als dessen nährstoffarme Surrogate „Motzi“ und „Trotzki“): Auch Becker tut im Haushalt keinen Handschlag, schwingt große Reden über kleine Dinge, von denen die Gattin nie auch nur das Geringste versteht, da ihre Welt am Kochtopfrand zu Ende ist. Und auch hier gibt es einen bockigen Sohn, der sarkastisch-treffend das Palaver des Vaters kommentiert.

Aber Becker nimmt kaum Stellung zur aktuellen Politik, er setzt Politik, wie alles andere auch, in den Kontext seiner eng umgrenzten Welt und erlegt allem die paar simplen Regeln auf, die er versteht: „Ma hat nich nur Rechte, sonna aach Flichte.“

Und Heinz Becker schneidet die Menschen nicht wie Alfred Tetzlaff, er quatscht sie unbekümmert voll, ein Automatismus der Sprechmuskeln. Beim Möbelkauf sagt der Verkäufer zum Abschied: „Sie können ja gern noch mal vorbeikommen.“ Darauf Becker: „Oder du kommsche mol zu uns.“ Solche Wortwechsel lassen Frau und Sohn vor Scham in den Boden versinken, und Dudenhöffer gibt ihnen dazu reichlich Gelegenheit: in der Galerie, im französischen Restaurant, im Nobelhotel, im Kino, in Lourdes.

Selten ist Dudenhöffer auf Gags und Pointen aus; er hat einfach, was viel amüsanter ist, bürgerliches Leben peinlich genau protokolliert und wiedergegeben, bis hin zur Ausstattung: eine Ansammlung unpraktischer und schlichter Dekorationsideen, die man nicht nur in Bexbach so liebt. Oliver Rahayel