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■ Das PortraitDietmar Kuhnt

Der Kronprinz wird endlich König. Das Aufsichtsratspräsidium der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE) hat vergangene Woche das 57jährige Vorstandsmitglied Dietmar Kuhnt zum Nachfolger des scheidenden Vorstandvorsitzenden Friedhelm Gieske ernannt. In dieser Woche wird der Aufsichtsrat diese „Empfehlung“ des Präsidiums bestätigen – und Kuhnt dann der lebende Beweis dafür sein, daß man bei einem deutschen Großkonzern Millionen in den Sand setzen und trotzdem die Karriereleiter hinauffallen kann. Als RWE- Direktor war Kuhnt seit 1982 treibende Kraft im Poker um das RWE-Pleiteprojekt in Kalkar. Nur sieben Jahre später saß er bereits im Vorstand der RWE Energie AG. Drei Jahre danach war er schon Vorstandsboß dieser 100prozentigen RWE-Tochter.

Daß Kuhnt jetzt zum Nachfolger von Gieske an die Spitze des Konzernvorstandes berufen wurde, ist keine Überraschung. Für den Aufsichtsrat stand schon Anfang der 90er Jahre fest, daß der promovierte Jurist den Konzern an das Jahr 2000 heranzuführen habe. Schließlich hat Kuhnt als Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Energie- und Versorgungswirtschaftlicher Unternehmen die neuen Absatzmärkte im Osten erschlossen. Entsprechend wurde der Arbeitsvertrag vom Aufsichtsratspräsidium gleich auf fünf Jahre terminiert – Verlängerung durchaus erwünscht.

Der neue Chef der RWE AG Foto: Keystone

Wie alle Topmanager der Republik sitzt Kuhnt in diversen Aufsichtsräten. Außerdem ist er Mitglied der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) und des Deutschen Atomforums (DAtF). Daneben findet der seit 1966 verheiratete gebürtige Breslauer noch Zeit für die Abfassung wissenschaftlicher Beiträge zum Energie- und Kartellrecht.

Daß nun nach Gieske wieder ein gelernter Jurist an der Spitze von RWE steht, der noch dazu über ein strafrechtliches Thema promovierte, ist kein Zufall. In Koblenz muß sich RWE vor einem Gericht die Inbetriebnahme des AKW Mühlheim- Kärlich erstreiten – und wird bei einem Scheitern einen Schadenersatzprozeß gegen Rheinland-Pfalz inszenieren. Der RWE-Atommeiler Biblis A steht zur Disposition, und für den Fall der Fälle muß Kuhnt versuchen, der hessischen Landesregierung vor den Verwaltungsgerichten den Schneid abzukaufen. RWE 2000 – eine große Anwaltskanzlei mit einem Strafrechtler als Vorstandsboß und einer kleinen Abteilung Energiewirtschaft? Klaus-Peter Klingelschmitt

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