US-Hilfe für russischen Atommüll

■ Aufarbeitung statt Verklappung: Vertrag über eine Anlage in Murmansk soll Ende des Monats unterzeichnet werden

Oslo (taz) – Die US-Regierung will sich erstmals aktiv beim Wegräumen von russischem Atommüll engagieren. Es handelt sich hierbei um den Ausbau einer Anlage zur Behandlung flüssigen leicht- und mittelaktiven Atomabfalls der Marine in Murmansk. Nach dem Ausbau soll eine Verklappung radioaktiven Wassers im Meer, die bisherige Entsorgungsmethode, überflüssig werden. Nach Informationen der norwegischen Tageszeitung Aftenposten befindet sich derzeit eine Delegation amerikanischer und norwegischer Experten vor Ort, um die letzten technischen Details zu klären. Eine formale Bekanntgabe des Projekts soll anläßlich eines Besuchs des russischen Staatspräsidenten Viktor Tschernomyrdin in Washington Ende dieses Monats erfolgen.

Die russische Marine leitet bislang radioaktiv verunreinigtes Wasser von Schiffsreaktoren einfach ins Meer. Nachdem im Oktober letzten Jahres Greenpeace auf diese Verklappungsaktionen im Japanischen Meer aufmerksam gemacht hatte, hatte sich kürzlich Japan dazu bereitgefunden, Rußland beim Bau einer Reinigungsanlage finanziell zu unterstützen, damit der gefilterte Strahlenmüll an Land gelagert werden kann. Norwegen war daraufhin bei den USA vorstellig geworden mit der Bitte einer ähnlichen Reinigungsanlage für die bislang in die Barentsee geleiteten Strahlenabfälle. Diese sind zwar nur ein kleiner und der vermutlich noch ungefährlichste Teil des Atommüllproblems im Nordmeer. Doch Oslo sieht das erstmalige amerikanische Engagement symbolisch. „Die USA kommen damit erstmals auf die Bahn“, so Staatssekretär Torbjörn Norendal vom norwegischen Außenministerium. „Das Atommüllproblem kommt auf die internationale Tagesordnung.“ Die Anlage in Murmansk, die ausgebaut und modernisiert werden soll, kann derzeit rund 1.000 Kubikmeter flüssigen Strahlenmüll – vorwiegend von der Atomeisbrecherflotte – behandeln. Für zwei bis drei Millionen Dollar soll ihre Kapazität verfünffacht werden. Dies wäre angeblich ausreichend, den gesamten zivilen und militärischen flüssigen Atomabfall der Nordflotte zu verarbeiten. Bewilligt die US-Administration die fraglichen Gelder ohne weitere Verzögerung, könnte die Anlage bereits in einem Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Die norwegische Anti-Atom-Bewegung ist mehr als skeptisch. Frederic Hauge von der Organisation „Bellona“: „Es ist so, als ob man einen Schädelbruch mit einem Pflaster behandelt. Die Gelder dienen nur dem weiteren Betrieb der atomaren Nordflotte Rußlands. Die Probleme der radioaktiven Filter dieser Anlage und der Müllentsorgung bleiben ungelöst.“ Reinhard Wolff