■ Mit Axel Springers Erbe auf du und du
: Balsam für Aktionäre

Berlin (taz) – Stagnierende Auflagen, weniger Umsatz, Abbau beim Personal: Für Günther Prinz, den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer Verlag AG, ist das Geschäftsjahr 1993 trotzdem ein Erfolg gewesen. Schließlich hätte ja in der Rezession alles noch viel schlimmer kommen können. Daß der Konzernumsatz um nicht mehr als 34,8 Millionen Mark oder ein Prozent auf 3,445 Milliarden Mark schrumpfte, feierte die Verlagsspitze gestern bei der Vorstellung der Bilanz im Springer-Hochhaus, schräg gegenüber vom taz-Gebäude in Berlin. Die Schrumpfbilanz war vor allem dem sinkenden Anzeigengeschäft geschuldet. Mit Zeitungen und Zeitschriften hingegen ließen sich zumindest in den neuen Bundesländern teilweise höhere Erlöse erzielen als 1992. Aktionäre interessieren sich bekanntermaßen vor allem dafür, was unten in der Bilanz als Jahresüberschuß herauskommt. Die Erben von Axel Springer (51 Prozent der Aktien) und der Filmmogul Leo Kirch (35 Prozent) können sich da trotz des schwierigeren Geschäfts freuen: Die Sonderabschreibungen auf neue Druckmaschinen schönen die Bilanz, der Gewinn wird mit 71,4 Millionen Mark angegeben, eine 12-Mark-Dividende pro Aktie gezahlt. Ein wenig Balsam für die Erben ist auch dringend nötig im Hause Springer. Sahen die sich doch gezwungen, in der liberalen Springer-unanbhängigen Zeit einen offenen Brief gegen Vorstandschef Prinz sowie den Testamentsverwalter und Aufsichtsratsvorsitzenden Bernhard Servatius zu veröffentlichen: Allzu antisemitisch erschienen ihnen mehrere Traktate in der Welt. Dabei soll doch die Welt seit ihrem Umzug im Mai 1993 nach Berlin als „die einzige bedeutende überregionale Zeitung mit Redaktionssitz in der Hauptstadt“ gelten, wie es im Geschäftsbericht heißt.

Nach einer Geschäftsanalyse der „Bank Gesellschaft Berlin“ ist das springersche Renommierblatt allerdings nach wie vor ein schwer zu kalkulierender Kostenblock mit geschätzten 70 Millionen Mark Verlust im Jahr 1993. Über die Auflagenentwicklung nach dem Umzug schweigt sich der Geschäftsbericht aus: Die „Modernisierung“ habe „dem Objekt zusätzliche Nachfrage“ beschert, heißt es zurückhaltend. Auch über die Auflage der Bild-Zeitung (ca. 4 Millionen) verlieren die Manager mangels Steigerungsrate lieber keine Worte.

Positiv bewertet die „Bank Gesellschaft Berlin“ aus Sicht der Aktionäre, daß 1993 nur noch 12.187 statt 12.663 Menschen im Vorjahr bei Springer beschäftigt waren. Springer-Aktien sollte man aber erst kaufen, wenn sie sinken: Chancen und Risiken der Geschäftsentwicklung halten sich nach Meinung der Analysten die Waage. dri