■ Daumenkino
: Hudsucker Proxy

Jede Menge Pulp Fiction erwartet Sie bei der Konsumption dieses ultraleichten vierten Films aus dem Hause Coen. Man hatte zunächst angenommen, die Route dieser Brüder verlaufe vom aparten Aushöhlen alter Filmkürbisse und deren irrlichternder Neuausleuchtung hin zum vollends Bizarren, wo die Zitate nur so querschießen und nichts mehr das Werk im Innersten zusammenhält. Das war nach dem halluzinatorischen Ende von Barton Fink – der junge Drehbuchautor rast durch seinen brennenden Polanski- Flur – eigentlich nicht mehr anders denkbar, aber trau schau wem: Mit The Hudsucker Proxy, einer Art Frank-Capra-Lappalie für die Clinton-Ära, springen die beiden durch einen Hula- Hoop-Reifen ins Leere. Ein junger, nichtsnutziger, recht einfältiger Absolvent des Muncie-College namens Norvelle Barnes (Tim Robbins) arbeitet sich eifrig bei der Firma Hudsucker von ganz, ganz unten nach gaaaanz oben und wieder zurück. Der Platz ganz oben war vakant geworden, nachdem sich der letzte Hudsucker (der Name!) aus dem Fenster im 144. Stock gestürzt hatte, im tänzelnden Galopp auf dem Konferenztisch vorbei an seinen zur Salzsäule erstarrten Unterlingen. Die Sache mit dem oben vakant gewordenen Platz, der dann von einem Accidental Hero übernommen wird, findet sich nun ja seit Clintons Amtsantritt allenthalben im Kino, nicht nur bei Dave. Zusammengesehen mit Barton Fink ergibt sich aber zugleich auch eine gar nicht mal ungenaue Auslotung der eigenen Position: Man grast das alte Hollywood, dem die Ideen ausgegangen sind, ab, bis sie einen einkaufen. Oben angekommen, produziert man, wie Norvelle Barnes, eine triviale Genialität: Barnes trägt, von seinem ersten Tag in der Poststelle an, eine kleine Zeichnung mit einem Kreis, einem einfachen Kreis mit nischt in der Mitte bei sich, die er jedem strahlend zeigt: „You know: for kids!“ Später wird der Hula-Hoop-Reifen daraus und erzeugt einen finanzkräftigen Craze, und so, sehen Sie, machen es die Coens eben einfach auch: You know, for kids. Ziemlich klasse allerdings: Jennifer Jason-Leigh als knatternde Journalistin, angesiedelt irgendwo zwischen His Girl Friday und Katherine Hepburn. mn

„The Hudsucker Proxy“, Regie: Joel Coen. USA 1994, 100 Min.