Der Schwung ist weg

■ In Dänemark, das heute wählt, sind die EU-GegnerInnen stärker denn je

Kopenhagen (taz) – Knapp 20 Prozent entfielen bei den letzten Wahlen zum Europaparlament in Dänemark auf die Anti-EG-Bewegung. Bei der heutigen Wahl ihrer 16 Europaabgeordneten werden die DänInnen vermutlich ähnlich stimmen. Gleich zwei Listen sind gegen die Union: die alte „Volksbewegung gegen Europa“, seit 1979 im Europaparlament vertreten, und die aus den beiden Maastricht-Volksabstimmungen entstandene „Juni-Bewegung“.

Wahlen zum Europaparlament haben in Dänemark selten mehr als jeden zweiten zur Urne gehen lassen – durchaus erstaunlich, berücksichtigt man die 80-Prozent- Beteiligung bei den beiden Maastricht-Referenden. Der Wahlkampf war langweilig und wurde fast durchweg mit nationalen Themen geführt. Selbst der anderen Seite, der „Juni-Bewegung“, fiel nicht mehr ein, als RocksängerInnen einzuladen. Auffallend im Wahlkampf war allein die linke Sozialistische Volkspartei (SF), die Ja- und Nein-SagerInnen auf ihrer Wahlliste hat. Sie machte einen TV-Werbefilm, in dem sie das Europaparlament als eine Art Schreckenskabinett darstellte, in dem vorwiegend Leerlauf herrscht, inkompetente ParlamentarierInnen herumhängen und jeder Anlauf für mehr Umweltschutz gestoppt wird.

Den meisten Zuspruch bei den Nein-SagerInnen dürfte die „Juni- Bewegung“ erzielen. Zu ihr sind drei der vier bisherigen VertreterInnen der Volksbewegung im Europaparlament übergewechselt. Während letztere nach wie vor eine Auflösung der EU in ihrer jetzigen Form zum Ziel hat, ist die „Juni-Bewegung“ nicht gegen Europa an sich, aber gegen Maastricht. Für Dänemarks weitere Rolle in Europa werden andere Abstimmungstage im Herbst entscheidender sein als der 9. Juni: die EU-Volksabstimmungen in den skandinavischen Nachbarländern im Oktober und November. Reinhard Wolff