Magdeburgs Polizei muß gegen sich selbst ermitteln

■ Verfahren wegen Mißhandlungen eingeleitet

Magdeburg (taz) – Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen zwei Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet, die bei den Ausschreitungen am Himmelfahrtstag im Einsatz waren. Wie der Leitende Staatsanwalt Rudolf Jaspers auf Anfrage mitteilte, belegten Zeugenaussagen, daß ein Beamter einen Türken so festgehalten habe, daß dieser sich gegen Schläge und Tritte von rechten Skins nicht schützen konnte. Einem anderen Polizisten werfe der Wirt eines italienischen Restaurants Mißhandlungen vor. Rudolf Jaspers ermittelt auch noch in anderen Fällen gegen PolizistInnen. Die Untersuchungen stützen sich auf eine Dokumentation des Vereins „Nachbarschaftliches Cracau/ Prester“. Betroffene schildern darin ihre Erlebnisse mit der Polizei. „Aus diesen Berichten ergeben sich zahlreiche Fragen an die Polizei“, sagte der Vorsitzende des Vereins, Pfarrer Jens-Martin Langner. Mit der Beantwortung möchte sich Polizeipräsident Stockmann jedoch Zeit lassen, „da in einzelnen Punkten von mir noch Nachforschungen angestellt werden müssen“.

Stockmann äußerte sich nicht zu einer Strafanzeige eines Pfarrerehepaars, das Polizisten vorwarf, einen tunesischen Bürger mißhandelt zu haben. Nachdem er einen von rechtsradikalen Skinheads bedrängten Freund mit einer Schreckschußpistole zu verteidigen versucht hatte, wurde der Tunesier auch von den Polizisten gejagt. Zwei Polizistinnen brachten ihn zur Polizeidirektion. Eine der Frauen soll dabei gesagt haben: „Totschlagen ist für die noch zuwenig.“ Auch soll eine der beiden von dem Tunesier Ersatz für ihre Armbanduhr verlangt haben, die während des Einsatzes kaputtgegangen war. Der Mann verbrachte nach eigenen Angaben 16 Stunden ohne Essen und Trinken im Polizeigewahrsam. Eberhard Löblich