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„Wohin mit den Kindern?“

■ Gleichstellungsstelle macht auf sich aufmerksam

In der Knochenhauerstraße vor dem Herrenausstatter William steht seit gestern ein Schild: „Wohin mit unseren Kindern?“ Kein ausgefallener Werbegag ist das, sondern ein ernst gemeinter Hinweis. Denn was kaum jemand weiß: Hinter der Schaufensterfassade des Herrenausstatters residiert die Frauengleichstellungsstelle. Damit sich das herumspricht, hat die Gleichstellungsstelle den Spruch zum Motto einer Ausstellung vor dem Schaufenster plakativ aufgestellt. Auf dem Flur der Gleichstellungsstelle sind bis zum 22.6. ca. 30 Fotos und Grafiken zu sehen, zusammengestellt von der Zeitung Eltern.

Deutschland, so ist den dort dargestellten Zahlen zu entnehmen, liegt in der Versorgung mit Kita-Plätzen (3-6jährige) etwa auf dem Niveau von Griechenland, die gesetzlich für 1996 versprochene Vollversorgung ist dagegen heute schon zum Beispiel in Dänemark oder Belgien erreicht. Die Gleichstellungsstelle insistiert darauf, daß das Versprechen aus dem Familienhilfegesetz nicht der Sparpolitik geopfert wird.

Wie wenig kinderfreundlich die bundesrepubklikanische Politik ist, macht auch eine andere Grafik deutlich: Die Steuervorteile für ein Ehepaar mit Kindern machen nur ein Drittel des Steuervorteils aus, den einn durchschnittlich verdienender Mann hat, wenn er sich eine „Hausfrau“ ohne Kinder hält. Umgekehrt, so die Gleichstellungs-Mitarbeiterin Brigitte Melinkat, wäre die Steuerpolitik sinnvoll.

In Bremen nimmt die Gleichstellungsstelle derzeit vor allem die Tatsache aufs Korn, daß ab 1.August SozialhilfeempfängerInnen für Kita-Plätze zahlen müssen - obwohl bei der Festsetzung des Sozialhilfesatzes kein Betrag für Kita-Gebühren berücksichtigt wird. Die Gleichstellungsstelle rechnet damit, daß demnächst betroffene Frauen dagegen klagen.

Vollkommen unsinnig ist diese Regelung zudem, weil der monatliche Beitrag auf 10 Mark festgesetzt ist. Und auf diese zehn Mark kann dann noch Kostenbefreiung beantragt werden. Wenn die Behörden wirtschaftlich denken würden, hätten sie gemerkt, daß die Verwaltungsgebühren einen wesentlichen Teil der Summe, die den SozialhilfeempfängerInnen abgenommen wird, wieder auffrißt. K.W.

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