Fischer will noch nicht Kanzler werden

■ Aber ein Superministerium soll's doch sein / Grüne mit Volldampf für Rot-Grün in Bonn

Berlin (taz) – Der hessische Umweltminister Joschka Fischer und Bündnisgrünen-Sprecher Ludger Volmer planen eine Ministerkarriere in Bonn. Nach Informationen der taz wollen beide im Falle einer rot-grünen Regierungsübernahme nach den Bundestagswahlen im Oktober Kabinettsposten übernehmen. Ludger Volmer will Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit werden, „eines der wenigen Ressorts, in dem es grüne Sympathisanten unter den Beamten gibt“ (Volmer).

Joschka Fischer sieht seine Zukunft in einem neu zu schaffenden Strukturministerium, das sich aus dem bisherigen Umweltministerium und Teilen des Wirtschafts-, Verkehrs- und Forschungsministeriums zusammensetzen soll. Insgesamt denken die Bündnisgrünen an vier Ministerien, die sie übernehmen könnten.

Bündnis 90/ Die Grünen bereiten sich bereits konkret auf eine mögliche Regierungsbeteiligung vor. Für den 4. November ist schon die Halle zur Abhaltung einer Bundesdelegiertenkonferenz gebucht. Auch über die personelle Zusammenstellung einer Kommission für Koalitionsverhandlungen mit der SPD wird bereits diskutiert. „Wir haben die Sache diesmal wirklich gut im Griff“, gibt sich Helmut Lippelt, Kandidat in Niedersachsen und Bundesvorstandsmitglied der Grünen, optimistisch.

Schon an diesem Wochenende treffen sich die potentiellen Bundestagsabgeordneten in Berlin. Die amtierende Bundestagsgruppe hat alle Bundestagskandidaten eingeladen, die bei angenommenen acht Prozent mit von der Partie wären. Dabei soll es, so Werner Schulz, Sprecher der jetzigen Bundestagsgruppe und Spitzenkandidat in Sachsen, auch Vorgespräche über die künftige Struktur der Fraktion geben. Bei einem Treffen vergangene Woche in Berlin wurde ein sogenanntes Wendepapier vordiskutiert, ein Extrakt aus dem Programm der Grünen, in dem die wichtigsten Anliegen der Partei an eine zukünftige Bundesregierung formuliert werden. Hierarchisch gegliedert, kommt zuerst der ökologische Umbau, gefolgt von Arbeitsplatzbeschaffung durch Arbeitszeitverkürzung und neue Arbeitsplätze im Bereich von Umwelttechnik und Sanierung. Andere wichtige Vorhaben sind ein Ost- West-Lastenausgleich und die rechtliche Sicherstellung einer multikulturellen Gesellschaft durch die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts, ein Einwanderungsgesetz und ein Gesetz zum Schutz von Flüchtlingen. Dieses Wendepapier wird nun erst mal an diesem Wochenende der zukünftigen Fraktion vorgestellt und soll dann auf einem Länderrat eine Woche nach der Wahl in Sachsen-Anhalt ausführlich besprochen werden. Endgültig verabschiedet werden soll die Plattform dann Anfang September zu Beginn des heißen Wahlkampfs. JG

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