Eklat um Bremer Christopher-Street-Day

■ Veranstalter hinderte schwullesbische Initiative „Suspekt“ mit Polizei an Demo-Teilnahme

Mit einem Eklat endete der schwullesbische „Feiertag“ Christopher-Street-Day (CSD) am Samstag vormittag: Der CSD-Verein Bremen/Weser-Ems verhinderte mit Hilfe der Polizei die Teilnahme der schwullesbischen Initiative „Suspekt“ an der Gay-Pride-Parade. „Suspekt“ habe die Demonstration „gewaltsam stören“ wollen, so die Veranstalter. Lesben und Schwule von „Suspekt“ dagegen, die im Vorfeld den Bremer CSD als „Kommerz-Karneval“ kritisiert und mehr politische Inhalte gefordert hatten (vgl. taz v. 10.6.), erklärten dagegen: „Das war nie unsere Absicht. Wir haben versucht, kooperativ zu sein – daß uns jetzt die Polizei auf den Hals gehetzt wurde, verstehen wir als Eskalation. Eine absolute Katastrophe“.

Nur rund 200 Lesben und Schwule hatten sich zur Parade am Siemenshochhaus getroffen, um durch die Innenstadt unter dem Motto „Flagge zeigen – Farbe bekennen“ für die Rechte der Homosexuellen zu demonstrieren. Die Szene lag wohl noch im Bett, um sich von der „Pink Party“ Freitag nacht zu erholen. „Suspekt“, die letztlich von einem Boykott abgesehen hatten, war mit einem eigenen Lautsprecher-Lkw eingetroffen – und wurde auf Veranlassung der Veranstalter von der Polizei daran gehindert, sich in den Demozug einzureihen. Einsatzleiter Ellmers bestätigte, vom CSD-Verein informiert worden zu sein, daß diese Gruppe von ca. 30 bis 50 Lesben und Schwulen stören wollte. In diesem Falle kann eine Gruppe ausgeschlossen werden. „Wir haben ,Suspekt' gleich zu Beginn mitgeteilt, daß sie bei uns nicht erwünscht sind“, gibt auch Wilhelm Breßer vom CSD-Verein zu. Daraufhin hätten sie versucht, sich in den Zug hineinzudrängen. Die Polizei genehmigte „Suspekt“ schließlich eine Spontandemonstration am Ende des CSD-Zuges. Dort sei dann aber die Polizei massiv am Einsatz gehindert worden; zudem habe „Suspekt“ per Lautsprecher zur Störung aufgerufen. Die Polizei beschlagnahmte daraufhin den „Suspekt“-Lkw.

Durch die Innenstadt zog schließlich ein bunter Zug: Der schwullesbische Sportverein „Wärmer Bremen“ verteilte Kondome, ein Schwuler fuhr mit einem aufgemotzten „Papst-Mobil“ durch die Stadt und segnete in Begleitung zweier Leder-Schwuler die vorbeifahrenden Straßenbahnnen – mit einer Klobürste. Lesben waren kaum vertreten. Bei der Abschlußkundgebung auf dem Marktplatz stellte Redner Jörg Hofmann fest: „Auch wenn nach Abschaffung des §175 die Staatsanwälte nichts mehr in unseren Betten zu suchen haben, der eigentliche Kampf gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Dummheit beginnt noch.“ Und: „Wenn wir unsere Kräfte nicht bündeln, haben wir von vorneherein verloren.“ Doch die Auseinandersetzung um „Polit“ gegen „Kommerz“ bestimmte die Redebeiträge: „Die Bullen als Mittel zu benutzen, um uns auszugrenzen, ist das Widerlichste, das ich je erlebt habe – schämt euch“, rief Henry Meyer von „Suspekt“ ins Mikrophon. Wilhelm Breßer bezeichnete die schwullesbische Initiative dagegen als „Minderheit in der Minderheit“ mit „extremen politischen Ansichten, die bei uns nichts zu suchen haben“; als Beleg nannte er Protestflugblätter, in denen u.a. zur Solidarität mit den Gefangenen der RAF aufgerufen worden war.

Ich bin entsetzt“, war dagegen die häufigste Reaktion der Lesben und Schwulen, die die Schlammschlacht verfolgten: „Ich kann einfach nicht glauben, daß wir es nicht einmal zwei Stunden lang schaffen, zusammen auf die Straße zu gehen, um für unsere Sache einzustehen“, so Curtis. Und Susanne findet: „Es ist total wichtig, daß auch unterschiedliche Argumente in der Szene ihren Platz finden.“

Am Abend rief „Suspekt“ dann zum Boykott der „CSD-Dance-Party“ im Konsul-Hackfeld-Haus auf und veranstaltete spontan eine eigene Party im Sielwallhaus. Und die Klassestimme der Sängerin Corinna, die mittags auf dem Marktplatz die Peinlichkeiten garniert hatte, dürfte auch das Einzige gewesen sein, was den vorbeiflanierenden Heteros von diesem kläglichen Gay-Pride-Day in Erinnerung geblieben ist.

Susanne Kaiser