Österreich ist dabei: Küß die Hand, Europa!

■ Volksabstimmung mit Zweidrittelmehrheit / Gleichzeitig stimmen Schweizer gegen Blauhelme / Gegen Erleichterung der Einbürgerung

Wien/Bern (dpa/AFP) – Die Österreicher haben sich mit klarer Mehrheit für den Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union (EU) ausgesprochen. Nach dem vom Innenministerium in Wien veröffentlichten vorläufigen amtlichen Endergebnis stimmten beim Referendum am Sonntag rund 66,39 Prozent der knapp 5,8 Millionen Abstimmungsberechtigten mit Ja. 33,61 Prozent sprachen sich dagegen aus. Die Wahlbeteiligung lag bei 81,27 Prozent. Österreich wird damit zum 1. Januar 1995 Mitglied der EU.

Schon am frühen Nachmittag wurde aus nahezu allen Kleingemeinden, deren Wahllokale bereits gegen Mittag wieder geschlossen hatten, Mehrheiten für den Beitritt gemeldet. Selbst in zwei Gemeinden im Tiroler Inntal, die vom Transitverkehr aus den EU-Ländern besonders betroffen sind, und wo deshalb eine besonders EU-kritische Haltung erwartet worden war, war es nicht anders. Und in Kärnten, wo der Rechtsnationalist Jörg Haider von der Freiheitlichen Partei (FPÖ) gegen den Beitritt gekämpft hatte, stimmten nach dem vorläufigen Endergebnis für dieses Bundesland 68 Prozent für und 32 Prozent gegen den Beitritt.

Dem Volksentscheid waren zum Teil leidenschaftlich geführte Kampagnen vorausgegangen. Anhänger und Gegner der EU versuchten, vor allem die noch unentschlossenen Wähler für sich zu gewinnen. An der Spitze der EU-Verfechter standen der sozialdemokratische Bundeskanzler Franz Vranitzky und Außenminister Alois Mock. Unterstützt wurden sie von Gewerkschaften und Unternehmern, die im EU-Beitritt vor allem die wirtschaftlichen Vorteile eines freien Zugangs zum europäischen Markt sehen. FPÖ-Chef Haider kritisierte dagegen die „Eurokraten“ in Brüssel und warf der Regierung vor, die Interessen Österreichs bei den EU-Beitrittsverhandlungen nur ungenügend vertreten zu haben.

Die Grünen entwickelten in den vergangenen Wochen ein geradezu apokalyptisches Szenario für den Fall eines Beitritts zur EU. Ihre Argumente für ein Nein waren vor allem die Zunahme des LKW- Transitverkehrs über die Alpen, der ihrer Meinung nach wenig demokratische Charakter der europäischen Institutionen und der mögliche Bau von Atomkraftwerken.

Auch die Schweizer hatten gestern eine Volksabstimmung. Sie lehnten mehrheitlich eine Beteiligung ihres Landes an friedenserhaltenden Blauhelm-Einsätzen der UNO ab. Nur in vier von 26 Kantonen (Genf, Jura, Wallis und Neuenburg) war ein Ja zum Blauhelm-Einsatz zu verzeichnen. Insgesamt sprachen sich 57,2 Prozent gegen die von Regierung und Parlament propagierte Vorlage aus, 42,8 Prozent waren dafür. Die Schweizer Bevölkerung hatte 1986 einen Beitritt zur UNO mit Zweidrittelmehrheit verworfen. Die Blauhelm-Gegner argumentierten denn auch, eine Teilnahme an Blauhelm-Aktionen verstoße gegen die Neutralität der Schweiz und sei mit 100 Millionen Franken pro Jahr angesichts des großen Haushaltsdefizits zu teuer. Die Befürworter hatten mit notwendiger internationaler Solidarität argumentiert.

Die Eidgenossen stimmten zugleich dagegen, den Ausländern, die in der Schweiz geboren sind, die Einbürgerung zu erleichtern. Ein entsprechender Verfassungsartikel wurde bei der Volksabstimmung, in der auch über diese Frage entschieden wurde, mit 52,9 Prozent abgelehnt. In der Stadt Basel scheiterte in einem weiteren Referendum eine linke Initiative, die das Ausländerwahlrecht einführen wollte. 73,7 Prozent der Wahlberechtigten stimmten dagegen. Ebenfalls in Basel sprachen sich 65,6 Prozent für eine kontrollierte Freigabe von Drogen wie Heroin, Morphium oder Methadon an registrierte Abhängige aus. Kommentare Seite 2