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■ Bis Sonntag lockt der „Casino Container“ ins mediale Zauberreich

Architektur aus dem Container, Kunst aus der Flimmerkiste und Kommunikation als Zweck allen Wirkens: der Casino Container, der vor zwei Jahren bei der documenta als Electronic Café das erste Mal auftauchte, steht eine knappe Woche vor den Deichtorhallen jedem zur Verfügung, der sein kreatives Schaffen in die elektronischen Datennetze einführen möchte. Ein Crew junger Medien-Weirdos stellt Wissen und Technik zur Verfügung, um die haptische Kunst und ihre technische Reproduzierbarkeit spielerisch zu reflektieren.

Was geschieht also dort? Wer immer eine Idee, einen Beitrag, einen Film, ein Kunstobjekt, ein Talent oder eine Neugier hat, findet sich beim Container ein und kann dort seine Entäußerung dem Laufpublikum der Architekturausstellungen oder einem geladenen Publikum vorführen. Dies wird von den Container-Bewohnern aufgenommen und in die von ihnen liebevoll „Monster“ genannten Terminals eingespeist. Auf denen können dann Gäste und Künstler in den späteren Aufstellungsorten des Containers die Beiträge betrachten. Eine Infozeile gibt jeweils Aufschluß über den Künstler und ermöglicht somit Kontakt.

Auf diesem Weg versuchen die Mitarbeiter des Casino-Containers auch neue Medientechnologien transparent zu machen und Berührungsängste abzubauen. CD-Rom-Jukeboxen, Dialog-Tische, von denen man a la Café Keese über Computer andere Tische anwählen kann, und ein Flaggen-Winker als Roboter locken ins technische Tollhaus. Darüberhinaus begleitet die Crew den Architektursommer als künstlerische Reporter.

Durch zwanzig weitere Städte zieht die Gruppe, die sich selbst als „Kulturnomaden“ bezeichnet, zeigt vorher Gespeichertes, bereichert es um neue Beiträge und archiviert das Ganze in einer Art Computer-Katalog. Begeistert von den Möglichkeiten der Video-Computer-Verschränkungen träumen die Initiatoren von Video-Konferenzen, demokratischer Massenkommunikation und Aktions-Bibliotheken, in denen man virtuell umherwandert und aus denen man via ISDN die lokalen Happenings ins eigene Wohnzimmer bekommt. Finanziert wird das ausklappbare, multimediale Containerzelt, in dem es natürlich auch Speis und Trank käuflich zu erwerben gibt, von Alkohol- und Zigarettenfirmen.

Till Briegleb