Bismarckstraße: „Keine Mark für Scientologen“

■ Eimsbüttler MieterInnen wehren sich gegen Spekulanten aus dem Umfeld der Sekte

Der Mann war offenherzig. „Ja, ich bin Scientologe“, erklärte Ivan Solar, von der „idee immobilien GmbH“, der interessierten Mieterin. Dann fügte Solar, der zur Zeit damit beschäftigt ist, 75 Wohnungen in der Bismarckstraße 63 bis 67 (Eimsbüttel) zu verdealen, hinzu: „Wir haben das Haus gekauft.“

Die „idee-Immobilien“ kann er mit „wir“ kaum gemeint haben: Sie tritt bei dem Wohnungsdeal nur als Maklerin auf. Für die Bismarckstraßen-Bewohner ist deshalb „jetzt zur Gewißheit geworden, was wir schon lange ahnten – unsere Häuser sind in die Hand von Sektenmitgliedern gefallen“. Dagegen wehren sich die MieterInnen. Aus vielen Fenstern hängen Plakate: „Stoppt Umwandlung!“ Doch die werden immer wieder von Unbekannten entfernt. Sie stören wohl beim Verkauf der 75 in Eigentum umgewandelten Mietwohnungen.

Die Wohnungen, die einst dem von Kai Wünsche aufgekauften Bauverein zu Hamburg, später dem Kieler Augenarzt Detlev Utthoff gehörten, gingen am 9. März dieses Jahres in den Besitz der im Taunus ansässigen Firma (...) über – für Hamburgs MieterInnenvereine ein unbeschriebenes Blatt.

Doch hinter dieser Gesellschaft soll nach Auskunft aus den Reihen der „Immobilien-Treuhand-Nord“, die den Wohnkomplex bislang verwaltete, eine wohlbekannte Hamburger Immobilienfirma stecken: die (...). Die Gründung dieser Gesellschaft wurde 1992 von dem Hamburger Notar Henning Petersen abgewickelt. Derselbe Notar setzt heute für die (...) die Verkaufsverträge der Bismarckstraßen-Wohnungen auf.

Zwar bestreitet Firmenchef Thomas Breitling gegenüber der taz, mit der Sekte etwas zu tun zu haben. Seine Firma habe „keinerlei geschäftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindung zur Scientology-Church“. Merkwürdig nur: Bis Ende 1993 war der bekannte Scientologe (...), der auch an mehreren Kursen der Sekte in den USA teilnahm, bei (...). Auch der Scientologe (...) war bereits früher für (...) tätig.

Und neben der „idee Immobilien“ bieten auch die Firmen „Muhl-Immobilien“ und „Hansen-Immobilien“ die Bismarckstraßen-Wohnungen Privatinteressenten zum Verkauf an. Beide werden laut Mieterverein zu Hamburg von Scientologen geleitet.

Die Mieter haben sich organisiert und beschlossen, den Spekulanten aus dem Dunstkreis der Sekte die Stirn zu zeigen: „Wir lassen uns hier nicht mit Abfindungen rauskaufen und werden unsere Wohnungen auch nicht selber kaufen.“ „Keine Mark für Scientologen“, heißt ihre Devise. Und dem neuen Besitzer dürfte es schwerfallen, die Wohnungen gewinnbringend weiterzuveräußern. 34 Mietparteien erhielten von Vorbesitzer Detlev Utthoff ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Als Kapitalanlage sind die Wohnungen, deren Miete noch weit unter 10 Mark pro Quadratmeter liegt, aber uninteressant. Nur „entmietet“ wären sie ein lukratives Geschäft.

Thomas Koch