Baltische Flaggen

■ Drei Regierungschefs bemühen sich, ihre Zusammenarbeit zu verbessern

Vilnius (taz) – Die drei baltischen Staaten sind sich am Montag in der estnischen Hauptstadt Tallinn erneut einen Schritt näher gekommen. Die Premierminister Estlands, Lettlands und Litauens entschlossen sich, ihre regelmäßigen Arbeitstreffen in einen „Baltischen Ministerrat“ umzutaufen. Das Treffen sei „von historischer Bedeutung gewesen, wie wir dies immer sagen“, meinte der estnische Premierminister Mart Laar nicht ohne Ironie. Sie hätten über viele Themen gesprochen, doch „es gibt viel zu tun“, bemerkten sie in ihrem Abschlußkommuniqué.

Der Ministerrat ist bereits das dritte gemeinsame Organ nach dem Baltischen Präsidentenrat und der Baltischen Versammlung der drei Parlamentssprecher, doch die praktische Zusammenarbeit steckt noch in den Kinderschuhen. Nach der imposanten gemeinsamen Menschenkette von Vilnius über Riga nach Tallinn aus Anlaß des 50. Jahrestags des Hitler-Stalin-Paktes 1989 entwickelte sich die Zusammenarbeit kaum weiter. Jedes Land hat seit der Auflösung der UdSSR seine eigene Währung eingeführt und Zollgrenzen aufgestellt. Jeder verfolgt seine eigene Außen- und Wirtschaftspolitik.

Trotz des Freihandelsabkommens zwischen den drei Kleinstaaten sind die Grenzübergänge überlaufen, und Lastwagen und auch PKWs müssen oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Zugreisen zwischen Vilnius und Tallinn haben sich seit der Einrichtung der Grenzkontrollen um über zwei Stunden verlängert. Die Züge werden beiderseits der Grenzen angehalten, damit jede Seite Pässe und Waren kontrollieren kann. Zwar haben Litauen und Lettland einen Vertrag ausgearbeitet, um gemeinsame Grenzkontrollen einzuführen, doch ein Datum für die Unterzeichnung steht noch nicht fest. Umstritten ist auch die Seegrenze in der Ostsee, in der Erdölvorkommen vermutet werden.

Der einzige gemeinsame Nenner, auf den sich die drei Baltenstaaten einigen können, ist der „bedingungslose Abzug“ der russischen Truppen aus Lettland und Estland bis zum 31. August. Doch auch hier ist die baltische Einheit angeschlagen. So ist in Estland der Abzug der 2.500 Mann starken Truppen gestoppt, denn in Tallinn will man kein Abkommen unterzeichnen, in dem den demobilisierten sowjetischen Offizieren Sonderrechte zugesprochen werden. Lettland hat ein solches Abkommen unterzeichnet.

Um weiter Einheit zu zeigen, entschlossen sich die Premiers jedoch, gemeinsam Flagge zu zeigen. Zu jedem Nationalfeiertag in einem der drei baltischen Staaten werden jetzt in den zwei anderen die Nationalfahnen gehißt. Matthias Lüfkens