Hohe Strafen im BCCI-Prozeß

Manager der Skandalbank wandern nach einem Urteil in Abu Dhabi bis zu 14 Jahre hinter Gitter und müssen 9,13 Milliarden Dollar blechen  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) – Drei Jahre nach dem betrügerischen Bankrott der „Bank of Credit and Commerce International“ (BCCI), der ehemals siebtgrößten Privatbank der Welt, sind gestern in Abu Dhabi weitere Urteile gefällt worden: Zwölf ehemalige Spitzenmanager – die meisten von ihnen sind britische Staatsbürger pakistanischer Abstammung – erhielten wegen Betrugs Haftstrafen von drei bis 14 Jahren. Darüber hinaus verhängte das Gericht Geldstrafen von insgesamt 9,13 Milliarden Dollar. Sämtliche Angeklagte hatten auf „nicht schuldig“ plädiert. Der Gründer der Bank, Aga Hassan Abedi, wurde in Abwesenheit zu acht Jahren Haft verurteilt. Der inzwischen schwerkranke 72jährige hatte sich vor dem Prozeßbeginn im Oktober 1993 nach Pakistan abgesetzt. Sein Stellvertreter Swaleh Naqvi (59) muß für 14 Jahre ins Gefängnis. Die USA haben für beide einen Auslieferungsantrag gestellt.

Vor einem Jahr ist in London bereits der Direktor der Vermögensverwaltung der dortigen BCCI-Niederlassung, Syed Akbar, zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der 50jährige, der als „Chefingenieur des Betrugs“ gilt, hatte zwischen 1983 und 1986 systematisch die Bilanzen gefälscht. Dadurch konnte sich die längst bankrotte Bank noch jahrelang über Wasser halten.

Die Bank hatte ihre KundInnen um insgesamt 35 Milliarden Mark geprellt – die größte Bankpleite in der Geschichte. Neben verschiedenen Großbanken, staatlichen Behörden und Versicherungen verloren vor allem Kleinsparer viel Geld. Die betrügerischen Praktiken waren aufgrund fauler Kredite an eine pakistanische Schiffahrtsgesellschaft aufgeflogen. BCCI hatte versucht, das Loch, das die leichtfertige Vergabe von 15 Milliarden Dollar an die Pakistanis gerissen hatte, mit dem Geld kleiner Anleger und Luftbuchungen durch das weltweite Filialnetz zu vertuschen. Doch das mißlang.

Außerdem war die Bank, deren weltweites Netz Filialen in 69 Ländern umfaßte, in Drogengeschäfte des ehemaligen panamaischen Diktators Manuel Noriega, in verbotene Insidergeschäfte und in die Finanzierung der Atombombenprogramme Pakistans und des Irak verwickelt. Terror-Organisationen und Waffenhändler haben allein in London 42 Konten bei der BCCI unterhalten. Die Bank von England schloß das Bankhaus am 5. Juli 1991, die beiden deutschen Filialen in Hamburg und Frankfurt wurden drei Tage später dichtgemacht. Den Konkursverwaltern ist es bisher nicht gelungen, auch nur einen Bruchteil der verschwundenen Milliarden aufzutreiben.

Der Prozeß in Abu Dhabi war von der in den Vereinigten Arabischen Emiraten regierenden Familie al-Nahjan angestrengt worden. Ihr gehörten 77,4 Prozent der BCCI-Anteile. Die USA hatten sich im vergangenen Jahr auf einen Deal mit der Familie eingelassen: Die US-Behörden ließen die Anklage gegen Scheich Zayed bin Sultan al-Nahjan fallen; im Gegenzug dürfen sie Naqvi vernehmen, wovon sie sich Aufschluß darüber erhoffen, wie BCCI in den Besitz von vier US-Banken – darunter die „First American“ – kommen konnte, obwohl das illegal war. Die Behörden interessiert vor allem, wer in den USA davon wußte.