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UNO debattiert Sanktiönchen

Vorbehalte in Japan und China schließen harte Maßnahmen gegen Nordkorea vorerst aus / Verstärkte Vermittlungsbemühungen / Carter will in Pjöngjang Kim Il Sung zureden  ■  Aus Tokio Georg Blume

Japans einflußreichster Politiker sieht sich und sein Land in der Nordkoreafrage machtlos: „Es ist möglich, daß Japan unter den jetzigen Bedingungen keine Sanktionen [gegen Nordkorea] verhängen kann“, warnte Ichiro Ozawa, der führende Politiker der japanischen Regierungskoalition, am späten Dienstagabend. „Sicherlich würde sich die Situation im Falle eines Krieges anders darstellen, aber in Friedenszeiten wird es wahrscheinlich sehr schwierig werden, wirtschaftliche oder andere Sanktionen durchzusetzen“, sagte Ozawa, der als Generalsekretär der Erneuerungspartei seit dem Regierungswechsel im vergangenen Sommer als Königsmacher in Tokio gilt.

Ozawas Bemerkungen werden im Weltsicherheitsrat der UNO in New York nicht ungehört geblieben sein. Das Gremium beriet gestern erstmals über einen Sanktionsplan gegen Nordkorea. Kritiker von Sanktionen haben in den vergangenen Tagen daraufhin gewiesen, daß ihr Erfolg maßgeblich von der aktiven Mitwirkung Japans und Chinas abhänge. In beiden Ländern sei jedoch deren Unterstützung nicht abgesichert. Ein eventueller Sanktionsbeschluß des Sicherheitsrats auf Druck der USA, Großbritanniens und Frankreichs könne somit das Verhältnis der westlichen Führungsmächte zu Japan und China schon kurzfristig gefährden.

Ungewiß bleibt das mögliche Verhalten der chinesischen Regierung gegenüber UN-Sanktionen. „Wenn es darum geht, wie China [im Weltsicherheitsrat] abstimmen wird, so kann ich das unmöglich voraussagen“, räumte Robert Gallucci, US-Beauftragter für Nordkorea, kürzlich ein. Da über China derzeit 80 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels abgewickelt wird, eingeschlossen der für Pjöngjang lebenswichtigen Erdöl- und Lebensmittellieferungen, können Wirtschaftssanktionen ohne chinesische Hilfe das nordkoreanische Regime kaum erschrecken.

Ebenso unsichere Ergebnisse verspricht der von US-Diplomaten bereits öffentlich erwogene Schritt, Sanktionen über japanische Devisenlieferungen an Nordkorea zu verhängen. Offizielle Schätzungen der japanischen Regierung sprechen von 1,6 Milliarden Mark, die jährlich von Angehörigen der nordkoreanischen Minderheit in Japan ins Heimatland überwiesen werden. Das entspricht einem Fünftel der gesamten Deviseneinnahmen Nordkoreas, deren Unterbindung für Pjöngjang mit Sicherheit schmerzvoll wäre. Doch eben hier wehrt sich die japanische Regierung.

Zunächst ließe sich mit Sanktionen kaum verhindern, daß die Gelder der Nordkoreaner in Japan zukünftig über Hongkong und China nach Nordkorea eingeführt würden. Noch wichtiger indes: Die japanischen Sozialdemokraten, die von der derzeitigen Minderheitsregierung in Tokio erneut wegen einer Regierungsbeteiligung umworben werden, wehren sich entschlossen gegen Sanktionen. Diskriminierende Belästigungen nordkoreanischer Schulkinder in Japan, die wohl aufgrund der negativen Medienberichterstattung über Nordkorea zugenommen haben, stärken bei den Sozialdemokraten einen alten, noch aus der japanischen Kolonialzeit herrührenden Mitleidseffekt. Noch aber ist auch den Regierenden um Ichiro Ozawa eine stabile Mehrheitsregierung wichtiger als das Sanktionsprogramm der UNO.

Aufgrund solcher Widerstände in Japan und China konnte es kaum überraschen, daß US-Diplomaten am Rande der UN-Beratungen in New York bereits am Mittwoch ein weitgehend reduziertes Sanktionsprogramm gegen Nordkorea in Aussicht stellten. Vorläufig soll Nordkorea eine mehrwöchige Gnadenfrist eingeräumt werden, nach deren Ablauf zunächst nur Entwicklungshilfegelder der UNO gesperrt würden. Damit würden Nordkorea nach Ansicht der Washington Post etwa 50 Milliarden US Dollar jährlich entgehen. Schärfere Handelssanktionen waren gestern in weite Ferne gerückt. Von der als privat deklarierten Koreareise des amerikanischen Ex-Präsidenten Jimmy Carter erhoffen sich Beobachter eine weitere Deeskalation im Streit zwischen Nordkorea und den westlichen Mächten. Carter war am Dienstag in Seoul mit dem südkoreanischen Präsidenten Kim Young Sam zusammengetroffen und wollte gestern in Pjöngjang mit dessen Amtskollegen Kim Il Sung sprechen.

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