Das alte Zebroid geht um!

■ Museums-„Rochade“ in Bremen oder Wie verändert der Ort das Objekt / Eine Exponateaustauschaktion von Sonntag bis Oktober

Gehen Sie ab und zu ins Museum? Anders gefragt: Spielen Sie Schach? Dann kennen Sie die „Rochade“, jenen Doppelschachzug von König und Turm, der das ganze ausgeklügelte Spiel durcheinanderbringt. „Rochade“ wollen jetzt auch Bremens Museen miteinander spielen, und zwar den ganzen Sommer über. Bis Anfang Oktober haben Gerhard Marcks Haus, Kunsthalle, Neues Museum Weserburg, Überseemuseum und Focke-Museum insgesamt 30 Exponate aus ihren Sammlungen untereinander ausgetauscht. Weil sie Irritationen erzeugen wollen.

Da steht also nun das ausgestopfte Zebroid aus dem Überseemuseum zusammen mit all den Bronze-Skulpturen im Marcks-Haus, in der Kunsthalle ergänzt Daniel Spoerris Tableau piège von 1961 (eine umgekippte Bierkiste mit Gitanes-Kippen und Bierflasche) die Stilleben der Niederländer des 17. Jahrhunderts. Das Überseemuseum gar hat eine „neue Abteilung“ eingerichtet und präsentiert die Schafferstäbe der Bremer Korbmacher und Drechsler (ursprgl. Focke-Museum) zusammen mit Tanzpaddel und Streitäxten, den magischen Zeremonialstäben aus Südostasien und der Südsee.

Sie ähneln sich sehr in ihrer Machart, diese Holzstäbe, und man fragt sich, ob nicht vielleicht auch dem derben Rumorstock des Zunftschaffers, mit dem er bei Trinkgelagen für Ordnung sorgte, eine Zauberkraft anheimgeht. Über Monate hinweg haben die Verantwortlichen der fünf Bremer Museen zusammengesessen und nach (versteckten) Bezügen zwischen ihren Ausstellungstücken gesucht. Eine neue Form der Zusammenarbeit der „LeidensgenossInnen“ der Bremer Kulturszene hat sich da aufgetan. Man möchte sich verbünden, Zielgruppen vermischen und aus eigener Kraft zeigen, daß es in Bremen eine Museumslandschaft gibt. „Wir wollen aber nicht so tun, als sei unter uns nun alles austauschbar“, warnt Jörn Christiansen, der Leiter des Focke-Museums.

Vielmehr geht es darum, mit dem Fremden im Fremden die Sammelsystematik im eigenen Hause zu erklären und zu durchbrechen. Den Platz der gerade in den Staaten weilenden Hausfrau vom Neuen Museum Weserburg nahm die japanische Bäuerin ein. Sie, die nach fotografischen Vorlagen im Übersee-Museum modelliert wurde, fügt sich bestens in das Umfeld mit Segals Kunstmenschen und Kienholz' Roxy's. Die BesucherInnen sollen sich nämlich auch umsehen und sich vor allem in die Stammhäuser der Fremdkörper locken lassen.

Dreieinhalb Monate haben sie dazu Zeit, solange gilt der „Rochade“-Katalog, der zugleich Eintrittskarte für jeweils einen Besuch in den fünf Museen ist. Man erfährt in ihm, wer was an wen verliehen hat. Einen Wegweiser zu den „Rochade“-Exponaten gibt es aber nicht, sie müssen schon gesucht werden. Glücklich also, wer sich bis ans Ende des dunklen Univer-sums in der Evolutionsabteilung vorwagt. Dort versteckt sich Kristján Gudmundssons Künstlerbuch Down. Von: Neues Museum Weserburg. An: Überseemuseum. sip

19.6. bis 2.10., Katalog 15 Mark