V-Mann: rechtsstaatlich oder rechtsradikal?

■ Schnoor stützt den Solinger Kampfsportlehrer und V-Mann Schmitt

Düsseldorf (taz) – Düsseldorfs Innenminister Herbert Schnoor (SPD) und sein oberster Verfassungsschützer Achim Baumann sind sich ganz sicher: Ihr V-Mann Bernd Schmitt, bis zum Solinger Brandanschlag Leiter der örtlichen Kampfsportschule „Hak- Pao“, hat als einer der „wichtigsten Informanten“ des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes über die rechtsextreme Szene „nachrichtenehrlich und zuverlässig“ berichtet – ohne selbst zu agitieren.

„Szenetypisch“ habe sich der V-Mann gewiß verhalten, aber „er war kein Rechtsextremist“ und „hat keine Straftaten begangen“, glaubt Baumann. Erst recht gebe es „keine Hinweise“ darauf, daß Schmitt „direkt oder indirekt etwas mit dem mörderischen Solinger Brandanschlag zu tun hat“.

Ein V-Mann mit einer blütenweißen Weste also? Mit dieser behördlichen Version konkurriert ein düsteres Medienbild, das Schmitt nur zu gern im Zentrum eines spektakulären „Geheimdienst- Skandals“ sieht. Was sind die Fakten? Drei der vier in Düsseldorf angeklagten jungen Männer trainierten zeitweise in der von Schmitt geleiteten Kampfsportschule „Hak-Pao“. An dem vom Angeklagten Christian B. in seinem Tagebuch so bezeichneten „kanakenfreien“ Freitagtraining nahm B. häufig und der Mitangeklagte Felix K. (17) manchmal teil. B. und K. bestreiten die Tat. Auch der geständige 24jährige Markus G. besuchte ein paar Mal „Hak- Pao“. Alle drei gehörten seit dem Sommer 1992 zeitweise dem von Schmitt gegründeten Deutschen Hochleistungskampfkunstverband (DHKKV) an. 30 Prozent von dessen Mitgliedern waren überzeugte Rechtsextremisten.

Der in den Medien verbreitete Vorwurf, Schmitt habe die Angeklagten, die die rechtsradikale Soße schon vor ihren Kontakten mit Schmitt im Kopf hatten, ideologisch agitiert, wird von beiden Seiten bestritten. Nach der Aussage von Felix K. hat Schmitt ihn allerdings für das Spezialtraining am Freitag angeworben. In den Räumen von „Hak-Pao“ trafen sich freitags häufig rechte Funktionäre und verteilten Propagandamaterial. Einmal suchte eine Frau der rechtsextremen Wiking-Jugend dabei K. nach dessen Angaben als Mitglied zu gewinnen. Es gab also rechte Agitationen in den Räumen von „Hak-Pao“. Ob Schmitt, wie Schnoor es darzustellen versucht, dagegen vorgegangen ist, bleibt ungeklärt.

Sicher ist dagegen, daß Schmitt in einem Telefongespräch am Tag nach dem Brandanschlag einen jugendlichen Freund von K. vor Hausdurchsuchungen warnte. Bei diesem Telefongespräch suchte Schmitt gleichzeitig etwas über die möglichen Täter – „habt ihr einen Verdacht“ – zu erfahren. Die Fragen stellte Schmitt im Auftrag des Verfassungsschutzes, doch wozu diente die Warnung? Schmitt selbst sagte dazu vor Gericht, er habe den Jugendlichen quasi eine Art Freundschaftsdienst erweisen wollen. Warum? Schmitt: „Weil ich wußte, daß die Musik der Böhsen Onkelz hatten.“ Die von Schnoor behauptete „Zuverlässigkeit“ stützt diese Erklärung gewiß nicht. Ob er bei seiner neuerlichen Vernehmung am 3. August eine plausiblere Version zu bieten hat, steht dahin.

Was liegt sonst gegen den V-Mann vor? Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, daß Schmitt die „Nationalistische Front“ nach deren Verbot weiter unterstützt hat. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren läuft. Möglicherweise wird dieses Verfahren aber platzen, weil Schmitt laut Schnoor den Kontakt zu der verbotenen NF-Truppe im Auftrag des Verfassungsschutzes pflegte. Die Düsseldorfer Staatsschützer sind sich sicher, daß Schmitt auch vor der Zusammenarbeit mit ihnen den Kontakt zu rechten Gruppen aus „rein kommerziellen Gründen“ gesucht hat: Saalschutz gegen Kohle. Mancher hegt indes auch bei den Schlapphüten – natürlich anonym – so seine Zweifel: „Daß in seinem Herzen eine kleines rechtes Lämplein brennt, kann man natürlich nicht ausschließen.“ Walter Jakobs