Am Ende der Untersuchung ist Vertrauen nicht mehr gefragt

■ Landtag in Potsdam debattiert Stolpe-Bericht

Potsdam (taz) – Der brandenburgische Landtag zog gestern einen zumindest vorläufigen Schlußstrich unter die Debatte um die Stasi-Verstrickungen von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). Zur erstaunlich lustlos geführten Diskussion stand der rund 2.000 Seiten umfassende Abschlußbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den dieser Ende April vorgelegt hatte. Über zwei Jahre hatte das Gremium getagt, um die Kontakte des ehemaligen DDR-Kirchenjuristen zu staatlichen Stellen und zum Ministerium für Staatssicherheit zu klären. Die kontroverse Bewertung der Stasi- Kontakte des Regierungschefs hatte im März zum Bruch der Potsdamer Ampelkoalition geführt.

In einer sehr allgemein gehaltenen Rede über die Rolle der evangelischen Kirche in der DDR gestand Stolpe ein, vereinzelt Fehler gemacht zu haben. „Zu dem Versuch, auch unter Nutzung von Gesprächsmöglichkeiten mit dem MfS den Bewegungsraum der Kirche zu erweitern und Menschen zu helfen, stehe ich“, sagte Stolpe. Heute meint der Regierungschef aber, es wäre besser gewesen, wenn die Treffen mit dem MfS nicht in konspirativen Objekten stattgefunden hätten. Auch hat Stolpe inzwischen erkannt: „Ich hätte die Verdienstmedaille nicht entgegennehmen sollen.“ Vehement lehnte er aber die Forderung der CDU ab, die Vertrauensfrage zu stellen.

Auch für PDS-Chef Lothar Bisky wäre es im Sinne des „guten parlamentarischen Stils“ besser gewesen, hätte Stolpe sich diesem Votum des Parlaments ausgesetzt. Bisky warb in seiner Rede für einen gerechteren Umgang mit der DDR-Vergangenheit. Auf die Frage, ob Stolpe weiter Ministerpräsident sein sollte, antwortete Bisky schlicht: „Ja, er kann.“

Am schärfsten wurde der Ministerpräsident von Bündnis-Fraktionschef Günter Nooke attackiert. Stolpe habe, so Nooke, die Konspiration als notwendiges Mittel der Politik hingestellt. „Noch im nachhinein haben Sie die undemokratischen, entmündigenden Methoden der Herrschaft über Leben und Seelen der Menschen zur Normalität erklärt“, warf Nooke ihm vor. Auch unter den Bedingungen der Diktatur habe es Grenzen des politischen Verhaltens gegeben, meinte Nooke. Und die habe Stolpe nicht eingehalten.

Den „einzigen Ausweg aus der politischen Krise“ sieht Nooke jetzt im Rücktritt des Ministerpräsidenten. Den Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses wertet Nooke als eine „skandalöse Verschleierung“ von Tatsachen. Anja Sprogies