Einmal spritzen für 149 Gulden

■ Spender-Insemination – ein praktischer Ausweg aus der lesbischen Kinderlosigkeit?

Andrea S.* (37) ist Lehrerin und lesbisch. Seit vier Monaten versucht sie, sich mit Hilfe einer holländischen Samenbank künstlich befruchten zu lassen.

taz: Springt dein Ei regelmäßig?

Andrea S.: Ja, da ist alles in Ordnung. Ich prüfe das schon seit über einem Jahr.

Wie gedenkst du das Ei zu befruchten?

Wir hatten zunächst einen Privatspender aus meinem Bekanntenkreis. Aber der ist wieder abgesprungen. Im nachhinein bin ich darüber ganz froh, denn die Anonymität der Samenbanken schützt mich ja auch vor möglichen emotionalen Ansprüchen des Vaters. Im Zeitalter von Aids kann ich mir ja auch nicht irgendwo ein Kind machen lassen.

Deutsche Samenbänke geben aber nicht an alleinstehende Frauen ab.

Die Holländer sind da liberaler.

Auch für Deutsche?

Ja. Aber nicht alle geben ihre Samenvorräte auch an Lesben ab. Ich habe mehrere durchtelefoniert. Bei der dritten ging alles problemlos.

Aber schwanger bist du noch nicht?

Nein, ich war bis jetzt viermal da. In meinem Alter ist die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, nicht mehr so groß wie bei einer 20jährigen.

Was kostet das?

Ich zahle 462 Gulden Grundgebühr und dann 149 Gulden pro Insemination.

Die Holländer wollen ein Gesetz verabschieden, demzufolge die durch Samenspende gezeugten Kinder später ein Recht darauf haben, ihren leiblichen Vater kennenzulernen. Wäre ein solcher Kontakt für dich ein Problem?

Ja, unbedingt. Dann würde ich wohl nach Dänemark fahren. Aber da ist die Insemination viel teurer. Im Zweifel müßten wir versuchen, einen Versand in den USA aufzutreiben. Die schicken einem Kataloge, da kann man sich alles aussuchen: Haarfarbe, Größe, Beruf...

Hast du bestimmte Ansprüche an deinen Spender?

Ja, aber nur Äußerlichkeiten.

Wie soll er denn aussehen?

Dunkle Haare, vielleicht etwas gewellt. 170 bis 180 Zentimeter groß, möglichst schlank, weil ich eher zu Korpulenz neige, und blaue Augen, weil meine Freundin und ich beide blaue Augen haben.

Ist das nicht die Vorstufe zur Genmanipulation?

Nein, das ist ja nur eine einmalige, individuelle Vorgehensweise. Ich finde die Möglichkeit, bestimmte Merkmale auszusuchen, einfach nur praktisch.

Bei künstlichen Befruchtungen wird es fast immer ein Junge.

Wenn es technisch möglich wäre, das zu kontrollieren, würde ich lieber ein Mädchen haben. Ich glaube, ein Junge wäre problematischer. Nicht, solange er klein wäre. Aber ich weiß noch nicht, wie meine eigene Haltung zu dem Kind in der Pubertät wäre. Es würde noch eine ganz andere Auseinandersetzung über das Männerbild nach sich ziehen.

Hast du eine männliche Bezugsperson eingeplant?

Für den Fall, daß es ein Junge würde, müßte ich mir wohl eine suchen.

Bei einem Mädchen nicht?

Ich denke, sie hätte in mir und meiner Freundin genügend Vorbilder.

Wäre das dann euer gemeinsames Kind?

Ja, sie würde es miterziehen. Ich habe schon seit einigen Jahren immer wieder über ein Kind nachgedacht. Als ich meine Freundin kennenlernte, wurde der Wunsch immer stärker.

Wer wird das Kind betreuen?

Am liebsten wäre es mir, wenn meine Freundin sich um das Kind kümmert und ich wieder arbeiten gehen könnte. Sie ist selbständig und kann sich ihre Zeit besser einteilen.

Wird das Kind erfahren, wie es gezeugt wurde?

Im Prinzip ja. Aber es gibt in Deutschland eine Gesetzesvorlage, derzufolge Insemination mit anonymen Spendern strafbewehrt werden soll. Dann müßte man vorsichtiger sein.

Was wäre, wenn es ein heterosexueller Junge würde?

Das könnte ich wohl eher nachvollziehen, als wenn er Männer lieben würde. Wenn da natürlich so ein richtiger Macker rauskäme – da wäre mir ein sanfter Schwuler schon lieber. Interview: Klaudia Brunst

*Name von der Redaktion geändert