Im Filz der rechten Seilschaften

Hans-Christoph Bonferts Verbindungen zu ultrakonservativen Kreisen haben System / Paneuropäische Union hat keine Berührungsängste gegenüber Rechtsextremisten  ■ Von Martin Becker

Innensenator Dieter Heckelmann kann an den Kontakten seines Pressesprechers Hans-Christoph Bonfert mit rechtsextremen Kreisen nichts Schlimmes finden.

Wie die taz berichtete, ist Bonfert Beisitzer des Bundesvorstandes der ultrakonservativen „Paneuropäischen Union“ (PEU) des Otto von Habsburg.

Heckelmann hat seinen Aufstieg vom Präsidenten der Freien Universtät zum Innensenator dem Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Rupert Scholz zu verdanken, Mitglied der Verfassungskommission des Bundestages und Unterstützer der rechten „Notgemeinschaft für eine Freie Universität“ (NoFu). Scholz publizierte 1989 als einer der ersten angesehenen Politiker in der aus der neofaschistischen NPD hervorgegangenen Zeitschrift Mut und half ihr somit, die politische Isolation zu überwinden. Auch die „Paneuropäische Union“ (PEU) hat keine Berührungsängste gegenüber Rechtsextremisten. Sie versteht sich als Vorreiter eines extrem konservativen Europa. Zu ihren Mitgliedern zählten in den siebziger Jahren sowohl Vertreter der spanischen und italienischen Rechtsextremisten, als auch Politiker der CDU/CSU.

1986 empfahl der CSU-Europaparlamentarier Otto von Habsburg den französischen Konservativen ein Zusammengehen mit der neofaschistischen „Front National“. „Le Pen und seine Leute“ seien „weit bessere Demokraten und Patrioten als Moskaus Agenten.“ Wenn Hans-Christoph Bonfert seinerseits den Kontakt zu Vertretern der „Republikaner“ und der deutschen Neuen Rechten sucht, handelt es sich also keineswegs um einen Ausrutscher, sondern um Übereinstimmung mit dem Präsidenten seiner Organisation.

Der rechte Rand der CDU steht seit jeher im Gespräch mit den Rechtsaußen-Vertretern. Das hat sich auch mit der harten Linie, die nun publikumswirksam gegen die „Republikaner“ inszeniert wird, nicht geändert. Ein Beleg dafür ist das „Dienstag-Gespräch“, das von dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Dieter Hapel als Kreis „integrer Medienvertreter und Geschäftsleute“ bezeichnet wird. Ein Schlaglicht auf die Themen, die dort debattiert werden, werfen inhaltliche Positionen des politischen Spektrums, aus dem der geladene Referent (20.6. 93) Wolfgang Seiffert stammt. Professor Wolfgang Seiffert lehrt an der Kieler Universität und ist ein langjähriger Vertreter der „Nationalrevolutionäre“. Sein Weggefährte Hellmut Diwald brachte 1980 die Stoßrichtung dieses Spektrums auf den Punkt, indem er ein Großdeutschland durch Wiedervereinigung der Bundesrepublik mit der DDR, Österreich und Südtirol forderte. Zusammen erregten Seiffert und Diwald 1993 Aufsehen, als sie unter anderem mit dem Ex-Waffen-SS-Mann Franz Schönhuber (Reps) im „Deutschlandrat“ die „Entkriminalisierung der deutschen Geschichte“ forderten. Im November 1991 referierte Seiffert vor der „Denkfabrik Europa der Völker“ in Berlin, der Tagung der rechtsextremistischen „Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft“ (DESG). An diesem Treffen nimmt auch der PR-Manager Hans-Ulrich Pieper teil. Die hier diskutierten Themen lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Vieldiskutierter Theoretiker dieses Spektrums ist der Referent der „Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft“ (DESG) Hans-Dietrich Sander. Der Herausgeber der Staatsbriefe, in denen auch der verstorbene Neonazi Michael Kühnen publizierte, brachte bereits 1978 seine Position auf den Punkt: Der Erfolg auf der Suche nach einer „deutschen Identität“ hänge zusammen mit dem „Abschied von Gewaltverzicht, von der Demokratisierung, vom Pluralismus“, dies müsse in einem „vierten Reich“ münden, das „von der Memel bis an die Etsch“ reichen solle.

Sander ist wie Pieper Autor des Theorieorgans der Neuen Rechten, Criticon. In der Redaktion dieses Blattes sitzt der Berliner Professor der Hochschule der Künste, Klaus Motschmann. Der stellvertretende Vorsitzende der „Evangelischen Notgemeinschaft“ und Mitglied der „Notgemeinschaft für eine Freie Universität“ (NoFu) ist jenes Bindeglied zur militanten Rechten, auf das der Verfassungsschutz den Innensenator hingewiesen hatte.

Bevor wir seine personellen Verbindungen thematisieren, werfen wir einen Blick auf die inhaltliche Stoßrichtung von Criticon: „Für den Konservativen geht Recht nicht vom Volke aus, sondern es hat seine Quelle in Gott.“ Befürwortet wird außerdem eine hierarchische Ordnung nach der „monarchistisch-aristokratisch- ständischen Grundhaltung“, die „wichtigste Aufgabe“ sei die „Erziehung und Bildung politischer Eliten“.

Diese politischen Eliten sucht Criticon nicht nur unter den „integren Medienvertretern und Geschäftsleuten“ des „Dienstag-Gesprächs“, sondern auch unter organisierten Neonazis. Motschmann referierte vor dem rechtsextremistischen „Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerk“, das 1990 aus den Berliner „Republikanern“ hervorgegangen ist.

Zu den Mitgliedern gehören auch die alten Bekannten, die schon 1971 mit Elmar Pieper, Heinrich Lummer und Otto von Habsburg im „Zollernkreis“ arbeiteten. Zu nennen sind hier Sven- Thomas Frank (Reps) und der Vorsitzende der Berlin-Brandenburger „Nationalen“, Frank Schwerdt. Die „Nationalen“ sind ein Sammelbecken der NPD und ihrer Jugendorganisation NJ, bis hin zu terroristischen Neonazis. Schwerdt reiste als Referent des Bildungswerks durch die Brandenburger Lande, hielt Schulungen vor Kadern der verbotenen „Nationalistischen Front“ ab und verhalf dem Cottbuser Neonazi Frank Hübner („Deutsche Alternative“) zur Kandidatur auf der offenen Liste der „Deutschen Liga“ (DL), daraufhin wurde er vom Landesvorsitz der Partei entbunden.

Motschmanns Auftritt vor dem Bildungswerk war auch kein Ausrutscher. Als Referent der „Reichsgründungsfeier“ folgte er am 24. Januar 1994 einer Einladung der Kaderschmiede der Berliner Neonazis, der „Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.“ (BKP). Dieser Verein erregte besonders in den Jahren 1990/91 öffentliches Aufsehen, als die damalige Vorsitzende, Frau Dr. Ursula Schaffer (NPD), zum „Heldengedenken“ (für die Waffen-SS) auf dem Soldatenfriedhof im brandenburgischen Halbe aufrief – erschienen waren bis zu 1.200 Alt- und Neonazis in Uniform aus dem gesamten neonazistischen Spektrum.

Gegenüber der B1-Abendschau bestätigte Frau Schaffer, daß auch Bonfert an Versammlungen ihrer Organisation teilgenommen habe, zog diese Stellungnahme jedoch tags darauf wieder zurück. Auf jeden Fall dürften die Themen der BKP auch auf Bonferts Wellenlänge liegen, stand doch die August-Versammlung der BKP 1993 unter dem Motto: „Europa, Maastricht und der Paneuropa-Gedanke aus nationaler Sicht“.