NPD-Chef Deckert ist doch ein Volksverhetzer

■ Bewährungsstrafe für Auschwitz-Leugnung

Mannheim (taz/AFP) – Die Sechste Strafkammer des Mannheimer Landgerichts hat die Leugnung des Holocaust durch den NPD-Chef Günter Deckert nun doch als Volksverhetzung bewertet. Deckert wurde gestern wie bereits in der ersten Instanz zu einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 10.000 Mark verurteilt.

Mitte März hatte der Bundesgerichtshof das Ersturteil aufgehoben und damit für große Empörung gesorgt. Von einem „Freibrief“ für die Leugnung des systematischen Massenmords an den Juden war die Rede.

Der 54jährige NPD-Bundesvorsitzende hatte auf einer von ihm geleiteten Veranstaltung im November 1991 in Weinheim einen Vortrag des notorischen Auschwitz- Leugners Fred Leuchter übersetzt und kommentiert. Der selbsternannte „Gaskammerexperte“ Leuchter hatte darin den Holocaust bestritten. Deckerts Übersetzung und Kommentierung wertete das Landgericht in seinem Urteil vom November 1992 unter anderem als Volksverhetzung. Genau diese Wertung veranlaßte den BGH, der Revision Deckerts stattzugeben. Die Karlsruher Richter fanden die Urteilsbegründung zu „pauschal“ und vermißten den Nachweis, daß Deckert sich eines Angriffs auf die Menschenwürde schuldig gemacht und sich mit der NS-Rassenideologie identifiziert habe. Nur diese „qualifizierte“ Auschwitz-Leugnung könne als Volksverhetzung gewertet werden.

Die bloße Leugnung des Holocaust sei nur als Beleidigung zu ahnden. Das BGH verwies den Fall nach Mannheim zurück.

Nach Ansehen der Videoaufzeichnung der Veranstaltung stand für das Landgericht jetzt fest, daß der NPD-Chef die Rede Leuchters nicht nur übersetzt, sondern zustimmend kommentiert, glossiert und durch eigene Exkurse angereichert habe. Der Staatsanwalt hatte eine Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung gefordert. Sowohl er als auch die Verteidigung wollen Revision einlegen. bs