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Massenentlassungen bei Bauer

■ Die Hörfunk-Redaktion wird durch eine Dumping-Firma gekillt / Auch die Fernsehredaktion soll ausgelagert werden

Der Auslagerungs-Kahlschlag beim Heinrich Bauer Verlag geht weiter: Nach gescheiterten Interessensausgleichsverhandlungen zwischen Betriebsrat und Verlagsleitung haben jetzt die Bauer-Bosse die Auslagerung der Zeitschriften-Hörfunk-Programm-Herstellung verfügt. Gleichzeitig sollen die Fernsehprogramm-Redaktionen zu einem eigenständigen Profit-Center ausgelagert werden. 50 Arbeitsplätze stehen zur Disposition.

Die Geschäftsführung des Medienkonzerns (drei Milliarden Mark Umsatz) hatte zunächst den 15 Redakteuren der „Zentralen Programmzeitschriften-Redaktion – Hörfunk“ im Frühjahr die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder würden sie auf 800 Mark Lohn verzichten, weil sie künftig nicht mehr als Redakteure, sondern nur als einfache Erfasser tarifvertraglich eingruppiert werden, andernfalls werde über die Stillegung der Produktion nachgedacht. Der Betriebsrat weigerte sich, auf den Erpressungsversuch einzugehen, weil man im dem Vorgehen auch ein Pilotverfahren vermutete, um das gesamte Tarifgefüge im Verlag mit seinen 2500 Mitarbeitern auszuhebeln. Stattdessen legte der Betriebsrat eine Vereinbarung „Beschäftigungsinitiative“ vor.

Ungeachtet der laufenden Verhandlungen, die Bauer im Mai für gescheitert erklärte, bereitete das Unternehmen schon längst die Auslagerung der Produktion in eine Berliner Firma vor, die zu einem Bruchteil des Preises – natürlich bei minderer Qualität – die Hörfunkprogramme herstellen möchte. Für IG Medienchef Detlef Hensche ein unverantwortliches Vorgehen: „Wenn das drittgrößte deutsche Verlagshaus nach Bertelsmann und Springer zum Mittel der Massenentlassung greift, um anderswo zu Dumpingpreisen arbeiten zu lassen, zeigt das vor allem eines: Soziale Verantwortung ist bei Bauer offenbar ein Fremdwort.“

Und damit nicht genug. Die Verlagsleitung knallte nunmehr dem Betriebsrat konkrete Pläne auf den Tisch, auch die Fernseh-Programmzeitschriften-Redaktionen („TV Klar“, TV Movie, „TV“ „Auf einen Blick“...) in eine eigenständige Firma auszulagern und personell zu straffen und sich abermals dem Tarifgefüge und den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates zu entziehen. Hensche: „Die geplanten Entlassungen sind vor dem Hintergrund der Auflagen- und Anzeigenerfolge der Zeitschriften völlig unverständlich.“

Gestern mittag begannen nun die Sozialplanverhandlungen für die rund 50 betroffenen Programm-Redakteure. Die erste Runde wurde am Nachmittag ergebnislos abgebrochen. Die Belegschaftsvertretung versucht durchzusetzen, daß den von Entlassung bedrohten Bauer-Mitarbeitern in dem neuen – noch geheimen – Bauer-Flaggschiff „Feuer“ Alternativarbeitsplätze angeboten werden. „Feuer“ soll ein neues am Fernsehprogramm orientiertes „Nachrichtenmagazin“ werden, das „Focus“ oder „Stern“ Paroli bieten kann. Die Vorbereitungen und Konzepte für dieses Bauer-Projekt werden derzeit in einer „Redaktions KG“ in der Spaldingstraße entwickelt – natürlich in einer eigenständigen Gesellschaft.Kai von Appen

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