Deutsch ist den Leuten peinlich

■ Christiane Mueller erzählt, was Chansons mit einer Rockband zu tun haben könnten

Sie ist keine Jazzsängerin, sie ist keine Rocksängerin, und sie ist erst recht keine Chansonette. Seit zehn Jahren lebt die Schauspielerin und Sängerin Christiane Mueller in Bremen und fegt zusammen mit dem Bremer Pianisten Michael Berger und ihrer Band über die Theaterbretter. Immer musikalisch in Bewegung, stets darauf bedacht, sich nicht vom Mainstream fangen zu lassen. Die taz bei dem Versuch, Christiane Mueller und das deutsche Chanson mal ein bißchen einzukreisen.

Im Waschzettel zu Ihrer neuen CD heißt es so schön: Da steht diese Frau auf der Bühne und besingt ihren Frust.

Christiane Mueller: Ich hab' ja nun nicht mehr oder weniger Frustration als jeder Mensch. Aber ich bin nun eigentlich überhaupt nicht frustriert. Das ist ein bißchen haarig, das stimmt.

Würden Sie trotzdem sagen, daß Sie sich da etwas von der Seele singen?

Jaa, die Anlässe dafür, etwas zu singen oder zu schreiben, sind irgendwelche Dinge, die mich bewegen oder provozieren, aber da pack ich dann natürlich verschiedene Erfahrungen zusammen. Wenn Sie so wollen, in einem Liebeslied sind zum Beispiel mehrere Männer mit drin.

Die ganze CD dreht sich grob umrissen vor allem um Herz, Schmerz, Emanzipation. Sind das die Themen einer Frau, die heutzutage Chansons singt?

Das weiß ich nicht. Es sind meine Themen. Wobei mich immer diese Trennung zwischen Privatem und gesellschaftlich Relevantem stört. Ich glaube, so privat sind diese Sachen gar nicht.

Es gab Zeiten, da haben Sie auch politische Songs gemacht.

Das mach ich auch noch, das läuft parallel. Ich mache zum Beispiel diese literarische Deutschland-Revue. Die haben wir kurz vor der Wende entwickelt. Da hab ich mir Texte von anderen Leuten gesucht, weil ich so etwas nicht schreiben kann. Damit gehen wir so richtig auf Tournee, waren in Finnland, Schweden, Frankreich, in der Türkei, und fahren im Herbst damit nach England und Irland.

Diesmal sollte es aber nur Liebe sein.

Kürzlich meinte eine Freundin: Immer dieses Gerangel mit den Kerlen. Ich hab ihr geantwortet: Ich weiß nicht, wie alt ich werden muß, damit mich das Gerangel mit den Kerlen nicht mehr interessiert.

Viele finden das deutsche Chanson schnulzig. Vielleicht liegt's daran, daß sie die Texte verstehen.

In den englischen Popsongs sind die Texte ja noch viel schnulziger.

Das Deutsche ist den Leuten eher peinlich?

Ja klar. Das beschäftigt mich auch. Eben weil meine Sachen jenseits vom Mainstream liegen, und ich mich frage, ob die Leute sie in einer anderen Sprache leichter konsumieren würden. Ich hab schon überlegt, ob ich nicht alles in Französisch singen soll. Ich mag ja auch Jacques Brel zum Beispiel, obwohl ich ihn immer ziemlich theatralisch fand.

Vom guten, alten französischen Chanson sind Ihre Lieder aber weit enfernt, sie sind modern arrangiert.

Trotzdem ist die handgemachte, akustische Musik mein Ding. In zwei Stücken ist ein Keyboard dabei, weil es da ganz gut paßt, aber live spielen wir das dann auch auf dem Klavier. Wir haben's auch mal mit einer Rockband probiert, dann haben wir das Demo mit dem Drum-Computer gemacht, das paßte nun überhaupt nicht zu meiner Art zu singen. Unsere Musik ist eben so, wie sie sich durch das langjährige Zusammenarbeiten von Michael Berger und mir entwickelt hat.

Die Stilmischung darin – mal ein bißchen Funk, mal Rock 'n Roll – , ist sie denn noch ein Experimentieren oder schon ein Markenzeichen?

Ich glaube, es ist inzwischen ein Markenzeichen. Michael Berger macht ja auch viele soloexperimentelle Geschichten. Wir haben zum Beispiel auch mal einen Text, wo wir einfach nur was mit sounds machen, wo er irgendwelche Saiten im Klavier reißt. Ich sitze ja mit meinen Sachen auch zwischen allen Stühlen. Das ist natürlich auch schwierig zu vermarkten. Den Leuten sind halt Schubladen lieber. Unsere nächste Platte muß dann glaub ich wirklich mal „Zwischen allen Stühlen“ heißen. Fragen: Silvia Plahl