Sanssouci
: Vorschlag

■ Geht ab: James Carter Quartett bei Jazz Across The Border

Beim (Jazz-)Festival in Moers sollte er schon ganz groß kommen, hatte man eiligst verlauten lassen, nachdem seine Debütplatte „J.C. On The Set“ (DIW) Anfang dieses Jahres den Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik erhalten hatte. Im Moers-Programm tauchte er dann aber doch wieder nur als Mitbringsel auf: bei Ronald Shannon Jacksons retro-fusionierender Decoding Society. „Featuring James Carter“ – so lautete bis heute die Headline für den Mittzwanziger-Newcomer aus Detroit via New York, der nicht nur über 30 verschiedene Holzblasinstrumente sein eigen nennt, sondern sie auch zu spielen weiß.

Gefeatured wurde und wird er von seinem Lehrer Donald Washington in dessen Band Bird/Trane/Sco/Now, von der Soulcommunity-Connection Four Tops, Temptations und Dells und und und. Bemerkenswert ist vor allem Carters Cross-Over-Aktivität im gegenwärtigen New Yorker Jazzkrieg: Lester Bowie preist ihn als den Hoffnungsträger des zeitgenössischen Jazzsaxophons, und Wynton Marsalis scheute sich nicht, Carter neben Cassandra Wilson und Jon Hendricks als Gast-Solisten für sein ambitioniertes Zweieinhalb-Stunden-Epos „Blood On The Fields“ zu mieten, das vor zwei Monaten in New York Premiere hatte. Seit Ende letzten Jahres, als Carters Debüt-CD in Japan und Deutschland erschien, feierte die New Yorker Wochenzeitung Village Voice ihn wiederholt als das aufregendste Jazzereignis der Youngsterszene weit und breit – obwohl seine Platte erst in diesem Sommer den amerikanischen Markt erreichen wird. Und da ein Jazzer ohne Platte in Amerika nun mal nichts zählt, bleibt abzuwarten, ob der Vorschußhype für den „Tough Young Tenor“ auch greifen wird. Zu wünschen wäre ihm das allemal. Kein Akustik-Jazz-Quartett dieser Tage ist so bluesy, so funky, so schrill und geht so ab wie das von James Carter. Christian Broecking

Heute, 18 Uhr, Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles- Allee 10, Tiergarten.