Das Rechtshänderblatt

■ "Ego" - Ein neues Magazin für geschundene Männerseelen

Was ist die „Bibel des Mannes“ in den Neunzigern? Was sein „Stowasser für den Erfolg bei Frauen“ oder gar der „Knigge im Geschlechtsleben“? Die Antwort heißt Ego, das neue Magazin für Männer, ab heute für fünf Mark an jedem Kiosk. Den Herren der Schöpfung will Ego seelischer und sexueller Beistand sein. Mit markigen Werbesprüchen verspricht das Blatt, „dem Mann für starke Frauen eine klare Antwort auf Cosmopolitan zu geben“. Denn: „20 Jahre feministische Berichterstattung haben den Frauen einen Aufklärungsvorsprung eingebracht.“

Mit Ego schickt der neu gegründete „Ego&More“-Verlag in München seine erste Gazette ins Rennen. Ein Hochglanzmagazin, dessen selbstgesetztes Ziel in allererster Linie Leserdiebstahl bei Playboy, Tempo und Max ist. Und so ist auch von allen Vorbildern etwas dabei: In einer festen Rubrik mit dem Titel „Im Reich der Sinne“ werden nackte Frauen abgebildet, daneben bekommt mann Sport-, Wirtschafts- und Modestrecken geliefert. Sogenannte klassische Männerthemen wie Hi-Fi, Video, Auto, Motorrad sind vertreten, außerdem Tips zur Körperpflege.

Ein Serviceteil soll Hinweise auf kulturelle Events in ganz Deutschland geben. Gemäß der Personalpolitik des Blattfrischlings, die da lautet: wenig Feste, viele freie Mitarbeiter, wurde dafür ein sogenanntes Metropolen-Scouting angeleiert: Bald werden überall Ego- Agenten lauern, lokale Ministers Of Nightlife, die ihre „knackigen und trendigen“ News nach München faxen.

Pate gestanden hat für Ego ein gleichnamiges Produkt, das in Österreich bereits seit drei Jahren auf dem Markt ist. Dessen Gesellschafter, die Herren Dressler, Geringer und Radda, hielten ihr Zeitschriftenkonzept wohl für erprobt genug, um einen ähnlichen Typus ins Nachbarland zu werfen. Ihr Credo: Erfolg haben auch mit begrenztem Kapitaleinsatz. Redaktionsmanager Patrik Bock, der bereits „eine gute Zeit“ von zwei Jahren beim Playboy hinter sich hat, prognostiziert blümerant: „Ego wird sein wie ein bewegliches, flexibles Patrouillenboot unter Schlachtschiffen.“

Tatsächlich sehen die Ego-Macher ihre Chance hauptsächlich in der Krise der anderen. Die Auflage des Plaboy ging in den letzten Jahren drastisch zurück, der Wiener ist bereits eingegangen, nur Max hat nach wie vor Erfolg. Der Begriff Zeitgeist gilt Ego denn auch als ausgereizt. Die Blattmacher beschreiben ihr Konzept lieber mit so zeitlosen Schlagwörtern wie „Innovation“ und „Avantgarde“. In klassischer Schwarzweiß-Ästhetik sollen vor allem junge Film- und Fernsehhoffnungen oder Frauen aus den Bereichen Comedy und Theater präsentiert werden. Oberstes erotisches Magazin-Gebot ist dabei: „Schamgrenze = Schmerzgrenze“. Redaktionsmanager Patrik Bock: „Wir wollen kein Linkshänderheft sein, sondern anspruchsvolle erotische Fotokunst zeigen von namhaften Fotografen.“

Neben dem Vorbild des britischen Esquire orientierte sich die zehnköpfige Ego-Deutschland- Redaktion vor allem an amerikanischen Trendblättern wie Bikini und Wild, interessiert beobachtet man auch die am Mac komponierten Cybergraphiken des Berliner Techno-Fanzines Frontpage.

Was die textliche Seite angeht, so möchte die Redaktion „Aktionsjournalismus“ und „subjektive Schreibe“ pflegen. Die Begründung liefert ein Info-Folder gleich mit: „Die Achtziger haben eine Magazinlandschaft mit kantenlosem Consumer-Interest geprägt. Wahrheiten wurden medial objektiviert, Trendaussagen ultimativ definiert. Doch die Adressaten sind übersättigt. Keine Pauschal-Dogmen, sondern Meinungsjournalismus ist der Magazinpfad für die Neunziger.“

Addieren wir die Fakten, könnte Ego mit seiner Mischung aus Sex und Journalismus durchaus Erfolg haben. So weit ist die zum Teil in Mitleidenschaft gezogene Lifestyle-Provenienz nie gegangen. Dem Playboy haftet hingegen trotz frischem Windgebläse im Chefsessel (durch den 29jährigen Nikolas Marten, der nach eigenem Bekunden als 17jähriger Schüler für die „damals sehr subkulturelle“ taz schrieb) der Muff ältlicher Bunny-Fans mit Goldkettchen und Porsche im Stall an.

An den Start geht Ego zunächst mit 180.000 Exemplaren, 100.000 verkaufte Hefte sind anvisiert. Themen der Nummer eins sind übrigens: „Branding“ – der neue Trend von der Westcoast; Tatooing ist out – das Brandeisen ist in. Zudem: Heike Makatsch von Viva, Christiane Bakker von Bravo-TV und Esther Schweins von der RTL- Night-Show auf der Erotik-Strecke.

Laut Patrik Bock ist auch die Frau als Leserin von Ego durchaus anvisiert. Nie vergessen darf sie jedoch: „Der starke Mann hat der Frauenbewegung seine kostbarste Eigenschaft zu verdanken: Freiheit für sich selbst.“ Thomas Kallweit

„Ego“-Männermagazin, Ego&More-Verlag, Düsseldorf, Startauflage: 180.000, 5 DM