Solinger V-Mann gerät immer mehr ins Zwielicht

■ Zeuge berichtet im Düsseldorfer Prozeß von rechtsradikaler Gesinnung des V-Manns und Kampfsportlehrers Schmitt / Er sei ein „Vorbild“ gewesen

Düsseldorf (taz) – Im Mordprozeß um den Brandanschlag von Solingen hat ein Zeuge schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutzmitarbeiter und Solinger Kampfsportlehrer Bernd Schmitt erhoben. Zudem wurde der SPD- Abgeordnete Hansgottfried Bernrath durch Aussagen von zwei jugendlichen Zeugen belastet, nichtöffentliche Unterlagen an sie weitergegeben zu haben.

Der 17jährige Zeuge Jörn P. räumte gestern im Prozeß ein, daß für ihn der ehemalige Leiter der Solinger Kampfsportstätte „Hak Pao“, Bernd Schmitt, ein „Vorbild“ gewesen sei. Er sei auch ziemlich stolz darauf gewesen, sagte P., daß er ein Vertrauensmann des inzwischen enttarnten V-Mannes gewesen sei. Schmitt habe ihn auch über seine „guten Kontakte zur Polizei in Wuppertal“ eingeweiht. Selbst als dieser ihn einen Tag nach der Tat beauftragt habe, bei seinen Freunden Felix K. und Markus G. nach einer Täterschaft zu forschen, habe er sich nichts dabei gedacht, sagte P. Er habe das nicht so persönlich auf Felix bezogen, sagte P., „ich glaubte, ich sollte mich in unserer ganzen Clique umhören“.

Jörn P. glaubt, daß Schmitt „mittlerweile weiß, wer den Anschlag begangen hat“. Der 17jährige Zeuge schilderte Schmitt als aktiven Rechten. So hätten sich die Eltern von Felix nach dem Anschlag von Mölln mit ihren Unterschriften an einer Protestaktion beteiligt. Die entsprechende Zeitungsanzeige habe Schmitt bei einem Treffen im Hak Pao dann Felix vorgehalten und gesagt: „Deine Eltern hast du wohl auch nicht im Griff. Wie können die so etwas mitmachen?“ Hak Pao, das habe er erfahren, sei ein „Treffpunkt rechter Größen aus dem ganzen Umland gewesen“.

Nach den Morden in Solingen, so P., habe er sich aus der rechten Szene gelöst. Jetzt halte er nur noch Kontakt zu den Eltern von Felix und verstehe sich selbst nicht mehr: „Ich stand unter dem Einfluß von Schmitt, ich war ziemlich blauäugig.“

Reges Interesse verursachte die Aussage von Jörn P. und seiner Freundin Annegret G. Sie gaben beide zu Protokoll, daß sie von dem SPD-Abgeordneten Hansgottfried Benrath nach Bonn eingeladen worden seien. Dort habe ihnen der Abgeordnete nichtöffentliche Unterlagen gezeigt, unter anderem psychiatrische Gutachten des Angeklagten Christian R., und sie dazu aufgefordert, davon Kopien anzufertigen. Die beiden Schüler hatten die Schülergruppe „Weiße Rose“ gegründet, die sich mit den Morden beschäftigen sollte. Die Bundesanwaltschaft will nun die Kopien der Unterlagen wieder einziehen. E. Liliensiek