Doch keine Flaute nach dem Sturm

■ Kieler Woche: Planmäßig starteten gestern die Boote beim Freßmeilen- und Segelereignis

Bislang standen die sportlichen Wettkämpfe der 100. Kieler Woche unter keinem allzu guten Stern. So verhinderten am Donnerstag Windstärken bis zu acht Beaufort die Durchführung der geplanten Rennen. Auch die Laser-Klasse, die in unmittelbarer Küstennähe starten sollte, konnte nicht zu Wasser gelassen werden, was die Rennleitung jedoch nicht vor unlösbare Probleme stellte.

„Wir haben ja noch drei Tage Zeit“, blieb Organisator Dieter Rümmeli trotz des Ausfalls des kompletten zweiten Wettkampftages einigermaßen gelassen. Glücklicherweise bewahrheiteten sich tags darauf die Vorhersagen der Meteorologen, die für Freitag Flaute angekündigt hatten, nicht, so daß sämtliche Regatten wie geplant durchgeführt werden konnten.

Vielen Besuchern dürften die guten Nachrichten ohnehin relativ schnuppe gewesen sein, denn auch im nicht-sportlichen Bereich ist das Angebot nicht unerheblich. Manch einer behauptet gar, die Segelrennen seien ohnehin nur Beiwerk. Vielmehr müsse man sich die Kieler Woche als die größte Freßmeile Norddeutschlands vorstellen, bei denen die Regatten quasi wie Brotkrümel nebenher mit abfielen und den Besucher des Holstenbummels, des internationalen Marktes auf dem Rathausmarkt und der zur Spiellinie mutierten Kiellinies nicht weiter stören. Zumal sich die meisten Rennen eh außerhalb jedweder Sichtweite auf der Außenförde ausgetragen werden.

Dies mag ein wenig übertrieben klingen, aber auch die Veranstalter sind sich darüber im klaren, daß es das Volksfest ist, mit seinem mehr oder minder kulturelle (Bei)programm, das die Massen in die Fördemetropole lockt. So stellte Kiels Oberbürgermeister Otto Kelling unmißverständlich fest, daß trotz finanzieller Probleme der Stadt nicht die Gefahr bestehe, daß das Programm der Kieler Woche erheblich gekürzt werde. „Natürlich stellt sich die Frage, ob wir uns das alles noch leisten können“, sagte Kelling am Donnerstag anläßlich des traditionellen Seglerfrühstücks, „ich denke, wir müssen.“ Schließlich sei diese einzigartige Mischung aus Segeln, Volksfest und Kultur die beste Werbung für die Landeshauptstadt.“ Ein dezenter Wink an die Sponsoren, sich neben der Stadt und dem Kieler Yacht Club auch in Zukunft an der Finanzierung zu beteiligen, beträgt doch der Gesamtetat der diesjährigen Kieler Woche fast zwei Millionen Mark.

Wie gut, daß dies der gemeine Besucher nur am Rande mitbekommt, während er sich auf der Spiellinie entlang der Förde amüsieren will. Die vielen Attraktionen erinnert den Gast aus Hamburg ein wenig an das Alstervergnügen, was die Organisatoren sicherlich genau andersherum sehen. Sei's drum - vor allem für die Kinder ist die zur Spielline umgewandelte Kiellinie eine willkommene Abwechslung. Sie nutzen in großer Zahl die Gelegenheit, einmal unter freiem und außnahmsweise nicht regenwolkenverhangenem Himmel basteln und malen zu können.

Auch die vielen Straßenartisten, vor allem Balanceure und Jongleure, tragen mit dazu bei, daß zumindest für einige Tage ein wenig ausgelassene Stimmung um die Förde herum herrscht, normalerweise ist die Stadt Kiel ja nicht unbedingt als Zentrum des norddeutschen Frohsinns bekannt.

Fast schon sensationell mutet neben den „echten“ kulturellen Veranstaltungen wie Theater- und Musikangeboten oder diversen Folklorevorführungen der Bumerang-Cup an, der heute nacht ab 23.30 Uhr durchgeführt werden soll.

beag/cleg