Konsulat interveniert, Ministerium ignoriert

■ Kurdin abgeschoben, obwohl Frankreich Familienzusammenführung anbot

Abschiebung brutal: Trotz der Bitte des französischen Generalkonsulats in Hamburg, die Abschiebung einer 23jährigen Kurdin zu stoppen, und trotz des Angebots, eine Familienzusammenführung in Frankreich zu ermöglichen, hat das schleswig-holsteinische Inneministerium die junge Frau gestern vom Hamburger Flughafen abgeschoben. Ihr Ehemann, der in Frankreich als anerkannter Asylbewerber mit den gemeinsamen Kindern lebt, wurde nach Angaben ihres Rechtsanwalts in Fuhlsbüttel nicht einmal zu ihr vorgelassen.

Das schleswig-holsteinische Landesamt hatte bis zur letzten Minute einen Aufschub verweigert. Gestern Mittag versuchte der Anwalt der Kurdin noch, die Ausweisung durch einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Schleswig zu verhindern. Doch das Gericht beschied den Antrag abschlägig. In der Türkei sei das Leben der Kurdin nicht bedroht, so hatten zuvor schon die anderen Rechtsinstanzen und auch der Petitionsausschuß des Landtags die Entscheidung begründet. Die Grünen kritisierten diese Begründung.

Die Einschätzung der Lage habe sich durch die überraschende Tatsache, daß der Ehemann in Frankreich als Asylbewerber anerkannt sei, grundsätzlich geändert. Es sei nicht auszuschließen, daß seine Asylanerkennung auch den türkischen Sicherheitsbehörden bekannt sei. Da die Kurdin den selben Namen trage, sei sie nun in der Türkei in Gefahr.

Innenminister Hans-Peter Bull (SPD), der im Mai einen sechsmonatigen Abschiebestopp für Kurden aus Notstandsgebieten beschlossen hatte, gab erst nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts eine Erklärung ab. Da die Kurdin seit dem zwölften Lebensjahr in Istanbul lebe, falle sie nicht unter den Abschiebestopp. Außerdem könne die Familienzusammenführung auch von der Türkei aus betrieben werden. „Das Ausländergesetz läßt keinen Raum für eine von der Auffassung des Gerichts abweichende Entscheidung“, so Bull.

sako/dpa