Unternehmer ohne Ideen

■ CDU-Chef Neumann kritisiert Bremer Wirtschaft / Mangel an Forschung

Rund 100 mittelständische Unternehmer aus Bremen ließen sich gestern nachmittag auf einer Tagung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung im Kongreß-Zentrum die Leviten lesen. „Wir gehen nicht mit der Gießkanne durchs Land“, bekamen sie von Bernd Neumann zu hören. Als Landesvorsitzender der Bremer CDU setze er sich zwar auch in Bonn für die Interessen der heimischen Wirtschaft ein, als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium müsse er allerdings vor der verbreiteten Versorgungsmentalität warnen. Neumann: „In Bremen hat sich eine Mentalität ausgeprägt, mehr danach zu fragen, wie man Fördermittel bekommt als was man Neues entwickeln könnte.“ Voraussetzung für Forschungsgelder sei aber immer erstmal „die gute Idee“.

Bremen liegt zwar bei der Höhe staatlicher Zuwendungen für Forschung und Entwicklung pro Kopf der Bevölkerung auf Platz eins aller Bundesländer, der Löwenanteil dieser Gelder fließt allerdings in Bereiche, die für die allgemeine Wirtschaftsentwicklung kaum relevant sind: Raumfahrt- und Polarforschung. Bernd Neumann erklärte dies gestern nicht damit, daß die Bundesforschungsminister seit Jahrzehnten aus Bayern oder Baden-Württemberg stammen und ihren Haushalt entsprechend lenken, sondern mit der einseitigen Nachfrage aus Bremen: „Daß zwei Drittel der rund 53 Millionen Mark, die pro Jahr als Forschungsgelder an die Bremer Wirtschaft fließen, auf die Weltraumforschung entfallen, zeigt die einseitige Wirtschaftsstruktur in diesem Bundesland.“

Eine Ursache dieser Situation sei auch in der mangelndenn „Aufgeschlossenheit der Öffentlichkeit gegenüber neuen Technologien“ zu suchen. Neumann an die Ampel-Koalition: „Man kann nicht einerseits das Fehlen zukunftsträchtiger Technologien beklagen und andererseits zulassen, daß im eigenen politischen Bereich permanent ausschließlich ideologisch dagegen argumentiert wird.“

Dabei wollten die Vertreter großer bremischer Unternehmen auf dem Podium gar nicht über mangelnde Forschungsmittel klagen. Karl Friedrich Triebold, Chef des gerade fusionierten Unternehmens STN-Atlas-Elektronik: „Unsere Zusammenarbeit mit den Bremer Hochschulen, der Universität und den Instituten für angewandte Forschung klappt hervorragend.“ Auch Dieter Koch, Geschäftsführer des High-Tech-Unternehmens Bruker-Franzen, lobte die Kooperation mit den Bremer Hochschulen. Und die Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Materialforschung und des Instituts für Werkstofftechnik haben keine Probleme, ihre Forschungsergebnisse an die Großunternehmen weiterzugeben – wenn sie nicht sowieso schon in Kooperation mit ihnen erarbeitet wurden.

Bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen in Bremen herrscht im Forschungsbereich allerdings Funkstille. „Wir können doch den Schritt zu eigener Forschung überhaupt nicht wagen“, sagte ein Unternehmer aus dem Publikum und erntete Zustimmung. Die Förderlandschaft sei viel zu unübersichtlich, um sich ohne großen Stab darin zurechtfinden zu können. Es gebe in Bremen eben zu wenig entsprechende Vorbilder, meinte ein anderer Unternehmer, „nur fünf Prozent der mittelständischen Unternehmen in Bremen sind High-Tech-Firmen; in anderen Bundesländern sind das bis zu 25 Prozent.“

Eine Beobachtung, die auch von Roland Vogt, dem Leiter der Transfer-Stelle der Bremer Universität, geteilt wird. „Es ist in Bremen unheimlich schwer, mit den Unternehmen in Kontakt zu kommen“, sagte er gestern. Und das läge keineswegs „am Geld“. Vielmehr wüßten die Unternehmer viel zu oft selber nicht, was sie eigentlich wissen wollten – „da gehen die Angebote der Forschung ins Leere.“

Die Schuld daran wollte Bernd Neumann allerdings nicht an der Politik hängen lassen – auch nicht an der Bremer: „Hier ist die Wirtschaft selber gefordert, zum Beispiel über die Handelskammer.“ Ase