Grüne jetzt wieder guter Laune

■ Länderrat debattierte in Magdeburg über Wahlkampf und PDS

Magdeburg (taz) – Rudolf Scharpings Hallenser Parteitagsauftritt hat auch den Grünen gut gefallen. „Ihr habt doch alle ,jetzt gehts los‘ gerufen“, unterstellt Joschka Fischer seinen ParteifreundInnen auf dem Grünen Länderrat. Alle lachen, keiner widerspricht.

Auf dem „kleinen Parteitag“ am Samstag in Magdeburg präsentierten sich die Grünen neuerlich als Bündnispartner für die nicht mehr ganz so ablehnend wirkenden Sozialdemokraten. Hatte sich die Partei in den vergangenen Monaten lustvoll-leidend an den Genossen abgearbeitet, keimt wieder Hoffnung: „Wenn die Sozialdemokraten nicht noch mal weiche Knie bekommen, besteht die Chance, im Herbst die Reformmehrheit zu erreichen“, korregiert Fischer seinen nach den Europawahlen aufgekommenen Defaitismus. Parteichef Ludger Volmer will die kleine Hallenser Wende des Rudolf Scharping auch als Ergebnis grüner Kritik interpretiert wissen. Nun gelte es, „nicht weiter die Sozialdemokraten zu kritiseren“. „Kohl abwählen“ und „Reformen jetzt“ heißt die Wahlkampfrichtung.

Daß schon die Wahlen in Sachsen-Anhalt den neuerlichen Rot- Grün-Optimismus schnell dämpfen könnten, war kein Thema. Debattiert wurde dafür über die Europa- und Kommunalwahlergebnisse. Ohne daß solche auf dem Länderrat gefallen waren, verbat sich Parteichefin Marianne Birthler die „herablassenden Kommentare“ über das Abschneiden der Bündnisgrünen im Osten, das weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Die „herablassenden Kommentare“, so steht zu vermuten, müssen andernorts gefallen sein. Und, als begännen die Grünen bereits Konsequenzen zu ziehen, baut Marianne Birthler vor: „Wir dürfen der PDS nicht hinterherlaufen und mit der Vergangenheitsdebatte nicht nachlassen.“ Zumindest letzteres sehen ihre West-Freunde spätestens seit der PDS-Renaissance ganz anders. „Als verlängerter Arm der Gauck- Behörde“, pointiert ein nicht ganz einflußloser West-Grüner am Rande der Veranstaltung, „haben wir im Osten keine Chance.“

Die Debatte über die Orientierung der Ost-Partei wird kommen, spätestens nach dem Wahlherbst. Damit eng verknüpft: das Verhältnis der Grünen zur PDS. „Keine Volksfrontillusionen“ lautet Joschka Fischers klares Verdikt. In der PDS versammele sich „viel mehr rechtes als linkes Potential“. „Geht rüber und schaut Euch den Laden an.“ Die Partei sei eine „Mischung aus Republikanern und Sozis mit stalinistischem Guß“. Er plädierte für eine „Strategie der Entzauberung“, ohne genauer zu sagen, wie die aussehen könnte. „Die werden zeigen müssen, was sie können“, meint Fischer. „Nicht auf der Gesetzgebungsebene“, meint Marianne Birthler. Doch sei klar, daß man auf kommunaler Ebene, in Sachfragen miteinander kooperieren müsse.

Werner Schulz plädierte dafür, die Strategie der PDS, über drei Direktmandate in den Bundestag einzuziehen, zu durchkreuzen. Denn wenn neben der FDP auch die PDS nicht mehr im Bundestag vertreten sei, steige die Chance für Rot-Grün. Sein Vorschlag, in den umkämpften Wahlbezirken den Direktkandidaten der SPD zu stützen, wurde nicht aufgegriffen.

Aufgegriffen wurde in Magdeburg, hinter allen vorgehaltenen Händen, ein anderes Thema: Wer wird im Herbst, wenn die Parteisprecher Marianne Birthler und Ludger Volmer in den Bundestag wechseln, Nachfolger. Frei wäre gerade, so hört man, Jürgen Trittin, dem kürzlich sein niedersächsisches Ministeramt abhanden gekommen ist. „Warum nicht Trittin?“, fragen in Magdeburg alle, als wäre das schon eine Antwort. Als Nachfolgerin für Marianne Birthler ist der neue Liebling der Partei, Krista Saager, im Gespräch, deren Stern seit den Hamburger Koalitionsverhandlungen und zwei gefeierten Parteitagsreden unaufhaltsam nach oben steigt. Gewählt wird nach der Bundestagswahl im Herbst. Matthias Geis