Die Ölpest kam mit elf Jahren Verspätung

■ Am Kap der Guten Hoffnung sind 20.000 Pinguine bedroht / Tankerwrack läuft aus

Johannesburg (taz) – Elf Jahre lag die „Castello de Bellver“ auf dem Meeresgrund. Jetzt hat der spanische Tanker seine Ladung freigegeben: Vor der Küste Kapstadts bilden sich immer riesigere Ölteppiche. Bedroht sind nicht nur die berühmten Sand- und Felsstrände am Kap der Guten Hoffnung, sondern vor allem die Pinguinkolonien auf zwei der Küste vorgelagerten Inseln. Freiwillige der südafrikanischen Tierschutzstiftung haben bereits Hunderte von ölverschmutzten Tieren geborgen. An der Rettungsaktion beteiligten sich auch Strafgefangene der Haftanstalt auf Robben Island.

Aber alle Bemühungen, die Ölkatastrophe einzudämmen, scheiterten bisher an schlechtem Wetter. Zwei Schiffe der südafrikanischen Küstenwache mit Chemikalien zur Auflösung der Ölteppiche an Bord mußten gestern morgen zurückkehren. Zur Zeit toben Stürme mit Windstärke acht um das Kap der Guten Hoffnung.

Darunter leiden auch die Versuche, Jackass-Pinguine von Dassen Island, der weltweit zweitgrößten Brutkolonie der Vögel, auf das Festland zu fliegen. Rund 40.000 Pinguine leben auf der Insel, deren Küste fast völlig vom Öl verpestet wurde. Rund 15.000 Tiere auf Dassen und 5.000 auf Robben Island sind nach Angaben von Behörden im Ölschlamm steckengeblieben. Man versucht sie zu bergen. Bei der südafrikanischen „Stiftung zur Erhaltung der Küstenvögel“ (SANCCOB) sind aber bisher erst etwa 1.000 Tiere angekommen. Sie werden zwangsernährt und dann zehn Minuten lang in Chemikalien gebadet. In einem Swimmingpool sollen sie sich erholen.

Arbeiter der Stadtverwaltung von Kapstadt werfen Strohballen auf die Sandstrände von Clifton und Camps Bay. Ohnmächtig müssen die Bewohner der millionenteuren Villen an den Nobelstränden zuschauen, wie sich ein Ölteppich über die Buchten legt, der an manchen Stellen bis zu 1,5 Kilometer breit und 1,5 Meter tief ist.

Die „Castello de Bellver“ war im September 1983 in Brand geraten und auseinandergebrochen. Damals wurde Kapstadt von einem Wind gerettet, der das auslaufende Öl ins offene Meer trieb. 170.000 der 224.000 Tonnen Rohöl, die das Schiff geladen hatte, konnten umgepumpt werden. Der Rest lauerte bis letzten Donnerstag 400 Meter tief auf dem Boden des Atlantiks. Mit dem Hinweis, das Wrack liege zu tief, um die versunkene Ladung zu bergen, hatte die Regierung noch 1990 argumentiert, sie sei machtlos.

Nicht nur die Seevögel sind bedroht. Die Atlantikküste ist für ihre Hummer- und Fischgründe bekannt. Die Behörden ergriffen außerdem Vorsichtsmaßnahmen, die verhindern sollen, daß das Atomkraftwerk Koeberg, das mit Meereskühlwasser betrieben wird, den Ölschlamm ansaugt. Auch die Fremdenverkehrsmanager von Cape Town sind nervös. Sie hoffen nach der Demokratisierung Südafrikas auf mehr Touristen. „Wir dürfen nicht so verwundbar sein“, sagt Gordon Oliver von Captour, „der Öltransport ums Kap muß überprüft werden.“

Die Route um das Kap der Guten Hoffnung wird von den Supertankern befahren, die nicht durch den Suezkanal passen. Das Gebiet gilt als Schiffsgrab und ist für sein gefährliches Wetter berüchtigt. Nirgendwo sonst bauen sich so hohe Wellen auf wie hier. Der Kontinentalsockel ist an dieser Stelle nur kurz, und die Strömungen aus Richtung Antarktis sorgen für hohen Seegang. W. Germund/Foto: Hutchings/Reuter