■ Mit Auspuffgasen auf du und du
: Politischer Versuch

Berlin (taz) – Etwa 100.000 Einzeldaten sind in den letzten vier Tagen in Heilbronn und Neckarsulm gesammelt worden, Daten über den Straßenverkehr und den Dreck in der Luft, aber auch Daten über das Umweltbewußtsein im Ländle. Vier Tage lang durften nur Autos mit geregelten Katalysatoren das Versuchsgebiet befahren, auf der Autobahn galt die Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern. Fast alle hielten sich daran, die Industrie drosselte imagefördernd ihre Produktion. Der „Ozonversuch“, sagt Baden-Württembergs Umweltminister Harald Schäfer, war deshalb ein Erfolg, schon bevor die Messungen ausgewertet worden sind.

Ob er sein erklärtes, wissenschaftliches Ziel erreicht, weiß noch niemand. Denn die Frage, ob die Bildung des troposphärischen Sommer-Ozons durch regionale Maßnahmen gebremst werden kann, ist einigermaßen komplex. In etwa einem halben Jahr, sagt Minister Schäfer, ist mit einer – vermutlich interpretationsbedürftigen – Teilantwort zu rechnen.

Nebeneffekte jedoch sorgen schon jetzt für politischen Streit. In den Versuchstagen sank die Konzentration der krebserregenden Benzolringe in der Luft um etwa 50 Prozent, der Verkehrslärm um fünf Dezibel – was Menschen als Beruhigung empfinden. Der Sozialdemokrat fordert ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf allen Autobahnen. Das jedoch hält Wolfgang von Geldern, CDU-Abgeordneter, Vorsitzender des Bundestags-Umweltauschusses und Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, für ausgemachten Blödsinn. Ihn stört die Übereinstimmung zweier Zahlen: Um 40 Prozent nahm der Verkehr ab, um ebenfalls 40 Prozent sank die Menge aller Luft- Dreckstoffe in der Versuchszone. Ohne Verkehr wäre die Luft sauber, schließt der Christdemokrat. Da aber nicht sein kann, was nicht sein darf, haben seiner Meinung nach solche Versuche zu unterbleiben. nh