Ölpest und Sturm am Kap

Unwetter am Kap der Guten Hoffnung löst Ölteppich auf und zerstört Armenquartiere / Stammt das Öl aus verschollenem Frachter?  ■ Von Willi Germund

Johannesburg (taz) – Stürme mit Geschwindigkeiten bis zu 80 Stundenkilometern haben gestern zwar den Ölteppich aufgelöst, der die Küste vor Kapstadt verpestete. Aber Tausende von Bewohnern in den Elendsvierteln um die malerische Stadt am Kap der Guten Hoffnung sind nach den Unwettern der letzten Tage obdachlos. Wind und Überschwemmungen zerstörten die Hütten aus Pappkarton und Wellblech.

In einem Stadtteil wurden drei Fahrzeuge von den Wassermassen eines Wolkenbruchs am Sonntag nachmittag in einen Graben geschwemmt. Ein Autofahrer kam mit dem Schrecken davon, als Felsen auf der Aussichtsstraße Chapmanns Peak herunterstürzten und seinen Wagen plattwalzten. In dem Nobelstrandort Camps Bay reichte in einer Straße das Wasser bis zu den Autoscheiben.

Rund 200.000 Menschen, so die ungenauen Schätzungen der südafrikanischen Behörden, leben in den Townships auf den sogenannten „Cape Flats“. Viele suchen mittlerweile Schutz in den von Menschen überquellenden Kirchen der Gegend. Südafrikas Rotes Kreuz rief die Bevölkerung auf, Decken zu spenden.

Die südafrikanischen Behörden wissen kaum noch, wo ihnen der Kopf steht. Denn während in Kapstadts Elendsvierteln die Unwetter den Menschen das Leben unmöglich machen, versuchen sie gleichzeitig, Kapstadts Strände und die Tierwelt der Küste von den Folgen der Ölpest zu befreien.

Der hohe Seegang verhinderte, daß Schiffe nach Robben und Dassen Island auslaufen konnten. Dort befinden sich Brutkolonien der seltenen Jackass-Pinguine. Rund 20.000 dieser Tiere sollen nach bisherigen Schätzungen ingesamt von der Ölpest betroffen sein.

Mehrere tausend Pinguine werden vermutlich im Ölschlamm verenden. Das befürchten Tierschützer in Kapstadt. Nur etwa 3.500 konnten mit Hubschraubern zum Festland geflogen werden. Dort werden sie von dem Öl gereinigt. Wenn nach etwa vierzehn Tagen das Gefieder wieder eingefettet ist, können die Geretteten wieder in die Freiheit entlassen werden. Der Naturschutzexperte Tony Williams schätzt, daß es bis zu zehn Jahre dauern könnte, bis die Ölschäden an der Küste und auf den Inseln beseitigt sein werden.

Der Ölteppich war an manchen Stellen bis 1,5 Kilometer breit und reichte über einen Meter ins Wasser hinab. Möglicherweise ist der Schaden dennoch geringer, als nach diesen Beobachtungen angenommen werden mußte. Auf dem Meer schwammen nach Schätzungen der Behörden vielleicht nur 400 Tonnen Öl.

Inzwischen sprudelt auch kein neues Öl mehr vom Meeresboden empor. Die südafrikanischen Behörden glauben zudem, daß es möglicherweise nicht, wie vermutet, aus dem seit 1983 auf dem Meeresboden liegenden spanischen Tanker „Castillo de Bellver“ stammt. Es könnte sich ebensogut um Treibstoff der seit 20. Juni vermißten „Apollo Sea“ handeln. Der 131.000-Tonnen-Frachter lief unter panamaischer Flagge und war in Hongkong beheimatet. Seit er aus Saldhana Bay 90 Kilometer nördlich von Kapstadt in See gestochen ist, fehlt jede Spur von dem Schiff. Offenbar ist der Frachter gesunken. Die südafrikanische Zeitung The Star behauptet, das vor kurzem drei Rettungsboote in der Nähe von Kapstadt an Land gespült worden seien. Kennzeichen trugen sie zwar keine. Die Zeitung glaubt trotzdem, daß sie von der „Apollo Sea“ stammen könnten.