Taslima Nasrin muß sich ins Ausland retten

■ Mit dem Tode bedrohte bangladeschische Schriftstellerin will Asyl in den USA

Berlin (taz) – Die mit Ermordung bedrohte bangladeschische Schriftstellerin und Ärztin Taslima Nasrin will sich ins Ausland retten. Zeitungen des südasiatischen Landes Bangladesch schrieben am Wochenende, die feministische Autorin habe sich an den Internationalen PEN-Club mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Sie hoffe, in den USA Asyl zu erhalten. „Ich bin in großer Gefahr. Die Fundamentalisten können mich jederzeit töten. Die Regierung ist gegen mich. Daher habe ich keine Hoffnung, aus dieser gefährlichen Situation herauszukommen“, zitierte die Tageszeitung New Nation einen Brief Nasrins.

Die 32jährige Taslima Nasrin war Anfang Juni untergetaucht, nachdem die Regierung in Dhaka einen Haftbefehl gegen sie verhängt hatte. Beschuldigung: Gotteslästerung. Eine indische Zeitschrift hatte zuvor berichtet, Nasrin wolle den Koran geändert wissen. Das hat die Schriftstellerin, die in ihrer Heimat durch Kurzgeschichten und Zeitungskolumnen in bengalischer Sprache bekannt geworden ist, abgestritten: Sie habe nicht den Koran kritisiert, sondern sie fordere eine Änderung der islamischen Rechtsordnung, der Scharia, zugunsten von Frauen, erklärte sie.

Taslima Nasrin wurde über die Grenzen ihres Landes hinaus bekannt, als eine relativ unbedeutende islamistische Gruppierung im vergangenen September einen Mordaufruf gegen sie ausstieß und ein „Kopfgeld“ aussetzte. Mit ihrer Kritik an der Stellung der Frau in den traditionellen islamischen Gesellschaften hatte sie sich zahlreiche Gegner geschaffen. Ihren wiederholten Bitten um Polizeischutz war die Regierung unter Premierministerin Khaleda Zia schließlich nachgekommen. Doch der Druck von seiten fundamentalistischer Gruppen war so stark geworden, daß die Behörden Anfang Juni einen Haftbefehl gegen die Schriftstellerin erließen, an dem sie weiterhin festhalten.

Taslima Nasrin, die wie der indischstämmige Brite Salman Rushdie wegen ihrer schriftstellerischen Arbeit den Tod fürchten muß, hat aber auch in ihrem Land Unterstützung gefunden. So haben sich zahlreiche Intellektuelle, Menschenrechts- und Frauenorganisationen hinter die Autorin gestellt. Wie in den vergangenen Wochen fast täglich, kam es auch am Wochenende wieder zu Zusammenstößen zwischen Gegnern und Unterstützern Nasrins. Mehr als 4.000 Personen waren am Sonntag zunächst randalierend durch die Straßen Dhakas gezogen und hatten Nasrins Tod gefordert. li