■ Dramatischer Abgang des „Knastpoeten“ Unterweger
: Ende eines Frauenmörders

Graz (dpa/AFP/AP/taz) – Der österreichische Frauenmörder Jack Unterweger ist am Mittwoch kurz nach der Verurteilung zu lebenslanger Haft in seiner Zelle in Graz erhängt aufgefunden worden. Nach Angaben des Justizministeriums in Wien deutet alles auf einen Selbstmord hin.

Österreichs Justizminister Nikolaus Michalek hat im Zusammenhang mit dem Tod Unterwegers Vorwürfe gegen die Behörden zurückgewiesen. Der wenige Stunden zuvor in Graz wegen neunfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte 43jährige sei in seiner Einzelzelle am Mittwoch um 3 Uhr noch schlafend im Bett beobachtet worden. Beim nächsten Rundgang um 3.40 Uhr habe man ihn in der Toilette erhängt aufgefunden, sagte der Minister in Wien. Unterweger, der als „Knastpoet“ bekannt geworden war, habe sich mit seinem Jogging-Anzug und Schuhriemen erhängt, berichtete der Minister weiter. Ein Gerichtssprecher in Graz erläuterte, es habe bei dem Verurteilten „keine wirklichen Anzeichen“ einer Selbstmordgefährdung gegeben. Demgegenüber hatte Unterweger-Anwalt Hans Lehhofer schon unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Dienstag abend darauf hingewiesen, daß sein Mandant innerlich zusammengebrochen und daher Selbstmord nicht auszuschließen sei. Der Angeklagte selbst, der stets seine Unschuld beteuert hatte, hatte wiederholt im Falle einer Verurteilung Selbstmord angekündigt. Schon im Vorjahr hatte er dreimal versucht, sich das Leben zu nehmen.

Unterweger war wegen Ermordung einer 18jährigen Deutschen bereits 1976 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Gefängnis hatte er das Abitur nachgeholt und war mit mehreren Prosastücken, die auch verfilmt und im Theater aufgeführt wurden, zum Liebling der Wiener Intellektuellen-Szene aufgerückt. 1990 war er auf Bewährung entlassen worden. Dann war es zu den Morden an neun Prostituierten in Österreich, Prag und Los Angeles gekommen, für die Unterweger wenige Stunden vor seinem Tod erneut zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Das Gericht hatte außerdem seine Einweisung in eine Anstalt für geistig gestörte Straftäter angeordnet.

Der Mordprozeß, der am 20. April begann, wurde zu einem in Österreich in diesem Ausmaß noch nie dagewesenen Medienspektakel. Der Verhandlungssaal des Grazer Gerichtes war eigens umgebaut worden. Für die zahlreichen Journalisten wurden in einem Nebensaal Telefon- und Faxleitungen installiert. Dutzende Fernsehteams rückten an, um den „Knastautor“ im In- und Ausland frei Haus liefern zu können.

Es sollte ein schwieriger Indizienprozeß werden. Keine Zeugen, bloß Mutmaßungen und Zufälle, die sich nach Ansicht des Staatsanwaltes zu Gliedern einer Kette ergänzten, „an deren Ende Unterweger steht“. Sechs der acht Geschworenen folgten der Argumentation der Anklage, die übrigen beiden stimmten im Zweifel für Freispruch.