Zwei alte Gegner stellen sich zur Wahl

■ Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Guinea-Bissau

Lissabon (taz) – Im westafrikanischen Guinea-Bissau finden am kommenden Sonntag die ersten freien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Geschichte des Landes statt. Der Wahltermin war mehrmals verschoben worden. Dafür hatte die Regierung organisatorische Probleme verantwortlich gemacht. Die Opposition warf Staatspräsident João Bernardo Vieira dagegen vor, er habe Angst vor dem Votum des Volkes und zögere deshalb die Wahlen hinaus. Vieiras Afrikanische Unabhängigkeitspartei von Guinea und Kap Verde (PAIGC) regiert die einstige portugiesische Kolonie seit der Unabhängigkeit 1973.

Sieben Parteien und eine Parteienkoalition stellen sich zur Parlamentswahl. Um das Amt des Staatspräsidenten bewerben sich acht Kandidaten. Der derzeitige Amtsinhaber Vieira entmachtete 1980 seinen ehemaligen Gefährten im Unabhängigkeitskampf, Luis Cabral, und regiert diktatorisch. Damit nahm das Schicksal des Landes eine andere Wendung als von dem Gründer der PAIGC, Amilcar Cabral, gewünscht. Der 1973 ermordete Amilcar Cabral gilt als einer der legendären Führer des afrikanischen Befreiungskampfes gegen die europäischen Kolonialherren. Vieira haftet dagegen der Geruch von Korruption und Amtsmißbrauch an.

Über die Lage der Menschenrechte in Guinea-Bissau hat sich amnesty international (ai) wiederholt besorgt geäußert. So kritisierte ai die willkürliche Verhaftung von Oppositionspolitikern. Im März vergangenen Jahres nutzte die Regierung Unruhen innerhalb des Militärs, um führende Oppositionelle ins Gefängnis zu werfen. Vieira warf ihnen vor, den „Putschversuch“ angezettelt zu haben. Unter den Verhafteten war auch der Vorsitzende der Erneuerungs- und Entwicklungspartei (PRD), João da Costa. Die Vorwürfe waren jedoch völlig haltlos. Und Costa wurde nach achtmonatiger Haft auf internationalen Druck hin freigelassen.

Der wahre Grund für seine Verhaftung war ein anderer: Vieira sieht in Costa einen seiner gefährlichsten Gegner. 1980 unterstützte der Veteran des Unabhängigkeitskrieges nicht den Putsch Vieiras gegen die damalige PAIGC-Führung. Und inzwischen hat sich Costas PRD zu einem Sammelbecken für ehemalige PAIGC-Anhänger entwickelt, die mit Vieiras Alleinherrschaft unzufrieden sind.

Mit fünf weiteren Parteien hat sich die PRD zur Union für den Wandel (UM) zusammengeschlossen. UM-Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten ist Bubacar Djaló. Besonders unter den Muslimen des Landes werden ihm Wahlchancen eingeräumt. Denn Djaló ist der Sohn von Cherno Rashid, einer der höchsten Moslem-Autoritäten des Landes.

Der Opposition mangelt es an Geld für den Wahlkampf. Vieira dagegen kann auf die Staatskasse sowie auf Finanzhilfe aus Portugal zurückgreifen. In Guinea-Bissau engagierte portugiesische Unternehmen setzen offensichtlich voll auf einen Sieg Vieiras. Nach Informationen der Lissaboner Zeitung O Independente wird der Wahlkampf des amtierenden Staatspräsidenten unter anderem von der portugiesischen Telefongesellschaft „Marconi“ und der Bank „Totta & Açores“ finanziell unterstützt, um sich in der einstigen portugiesischen Kolonie auch weiterhin gute Geschäftsbeziehungen zu den politisch Herrschenden zu sichern. Theo Pischke