■ Die PLO muß für Gaza-Jericho geradestehen
: Mehr als nur ein Besuch Arafats

Der israelische Rechts-Block hat jegliche Beziehung zur Wirklichkeit verloren. Arafats Besuch, von vielen Kommentatoren als „Anti-Ereignis“ präsentiert, läßt die heftigen Reaktionen der israelischen Rechten in den Augen der Bevölkerung als vollkommen unverständlich erscheinen. Die Einschüchterungskampagne der Rechten zeigt aber neben dem besorgniserregenden Mangel an Verantwortlichkeit auf seiten der israelischen Nationalisten auch die fehlende Reife der israelischen Öffentlichkeit, denn sie blieb passiv. Noch immer scheint sie den Mythen über die Palästinenser und die Araber im allgemeinen verhaftet zu sein. Schließlich kommt Arafat in einen kleinen und elenden Teil seiner Heimat zurück, Gaza, das jeder Israeli bekanntermaßen loswerden wollte!

Arafat selbst und viele Palästinenser wollten diesen Besuch so lange wie möglich hinauszögern, aber die israelische Seite machte Druck. Solange Arafat im Ausland geblieben war, fehlte dem Gaza-Jericho-Abkommen die letzte Weihe. Arafat selbst wollte zuerst nicht kommen, weil bestimmte Teile des Abkommens, wie die Freilassung der palästinensischen Gefangenen, noch nicht erfüllt sind. Die ökonomische Lage in Gaza ist zudem katastrophal, die mit Unterzeichnung des Abkommens versprochene wirtschaftliche Hilfe jedoch verzögert sich. Hinzu kommt ein politisch-psychologischer Faktor: Noch immer steht Gaza unter israelischer Aufsicht. Arafat mußte den Besuch in seiner Heimat „beantragen“, sein Aufenthalt wie sein Ausflug nach Jericho (von Jerusalem ganz zu schweigen) muß mit den Israelis koordiniert werden.

Der Besuch ändert nicht viel an den Kräfteverhältnissen, die die palästinensische Führung als Grundlage des Abkommens akzeptierte. Der Besuch ändert auch wenig an der Tatsache, daß sich im Rest der Westbank die Besatzungsroutine fortsetzt. Die Arroganz der Israelis, die politischen Töne sowohl der Gegner als auch der Befürworter des Abkommens zeugen wenig von Respekt für die palästinensische Seite, des ja nun angeblich „benachbarten“ Volkes. Umgeben von israelischer Armee und abhängig vom israelischen guten Willen, kann Gaza zur Falle werden, zum Homeland. In jedem Fall muß die PLO- Führung die Verantwortung tragen für die von ihr geleistete Unterschrift. Das bedeutet unter anderem, in den autonomen Gebieten zu leben und die wenigen Möglichkeiten, die vorhanden sind, mit den begrenzten Mitteln und Vollmachten auszunutzen.

Die PLO hat das problematischste besetzte Gebiet übernommen. Um die katastrophalen Folgen eines Scheiterns zu vermeiden, muß die ganze Welt helfen. Und dennoch: Die Verantwortung liegt bei der PLO. Sie muß Rechenschaft ablegen. Azmi Bishara

Professor für Philosophie an der Bir-Zeit-Universität in der Westbank