Differenzen über Ruanda

■ Mitterrand in Kapstadt / Französisch-südafrikanische Partnerschaft zeigt Risse, bevor sie überhaupt beginnt

Johannesburg (taz) – Der südafrikanische Staatspräsident Nelson Mandela erinnerte an die protestantischen Hugenotten aus Frankreich, die zu den ersten weißen Siedlern in Südafrika zählten, ehe er endlich zur Antwort auf eine Frage anhob, die die französische Regierung im Januar gestellt hatte: „Eine starke Bindung an Frankreich wird durch Geschichte und Notwendigkeit diktiert.“

Zu Jahresbeginn hatte Frankreichs Außenminister Alain Juppé bei einem Besuch eine solche „Partnerschaft“ zwischen Südafrika und Frankreich vorgeschlagen. Präsident François Mitterrand, der am Montag und Dienstag als erster ausländischer Staatsgast vor dem neuen demokratisch gewählten Parlament am Kap der Guten Hoffnung sprach, hatte bei seiner Rede noch einmal an den Vorschlag erinnert.

Daß Paris dabei nicht nur Hilfe beim Aufbau des „Neuen Südafrika“ im Sinn hatte, machte Mitterrand flugs bei seiner Antwort auf Mandela am abendlichen Dinertisch in Kapstadts Nobelhotel Mount Nelson deutlich: „Frankreich kennt Afrika so gut, daß es nicht von dem getrennt werden kann, was auf dem Kontinent passiert.“ Die französische Regierung sieht Südafrika als eine regionale Ordnungsmacht, mit der in der Zukunft die Afrika-Politik abgestimmt werden sollte – und hofft, mittels enger Zusammenarbeit und Hilfe in Pretoria auf Sympathien für französische Vorstellungen zu stoßen.

Schon während der Apartheid- Zeit kaufte das weiße Minderheitsregime vier Mirage-Düsenflugzeuge. Drei U-Boote „Made in France“ dümpelten im Kapstädter Hafen, als Mitterrand seine Aufwartung machte. Vor einigen Wochen weilten zwei Fregatten zu Besuch – Paris hofft, in Südafrika einen potentiellen Käufer gefunden zu haben.

Doch Mandela mochte sich nicht festlegen. Er wird wohl nicht zum franco-afrikanischen Gipfel im französischen Biarritz in diesem Jahr reisen. Auch im Fall Ruanda unterscheiden sich seine Vorstellungen von der Pariser Großmacht-Politik. Während Mitterrand in einem achtzehn Wagen umfassenden Konvoi das Township Kayelitsha besuchte, erklärten französische Offiziere vor Ort in Ruanda, die dort einmarschierten Einheiten hätten Befehl erhalten, den „Vormarsch der Rebellen zu stoppen“. Aus der vorgeblich „humanitären Aktion“ war eine politische Intervention zugunsten einer Bürgerkriegsseite geworden. Und Mandela wiederholte während des Mitterrand-Besuchs, daß ein solcher Einmarsch Sache der Vereinten Nationen oder der Organisation Afrikanischer Einheit sein müßte.

So zeigten sich schon die ersten Meinungsverschiedenheiten, obwohl die angestrebte Partnerschaft noch nicht einmal besiegelt worden war. Mandelas Stellvertreter Thabo Mbeki glänzte zudem ebenso durch Abwesenheit wie Vizepräsident Frederik de Klerk. Und die Leibwächter der beiden Staatschefs zankten sich in aller Öffentlichkeit, während ihre Chefs ein Bild bester Freundschaft bieten wollten.

Die Franzosen hatten vor dem Besuch verlangt, das Staatsbankett selbst vorzubereiten und auch die Gästeliste eigenhändig zusammenzustellen. Mandela sollte schon eine halbe Stunde vor Ankunft von Mitterrand auf der Flughafen von Kapstadt warten – um für das französische Protokoll den Anschein zu erwecken, er warte auf den hohen Gast aus Paris. Ein Mitarbeiter Mandelas schimpfte gar: „Die Franzosen sind hier mit ihrer kolonialen Einstellung aufgetaucht. Sie haben uns wörtlich erklärt: Ihr wißt nicht, wie man einen Staatsbesuch organisiert, also laßt uns das machen.“ Willi Germund