■ Mit deutschen Umweltdaten auf du und du
: Grüne Pleite Ost

Berlin (taz) – Nach der Pleite des Sozialismus ist die Luft besser geworden. Von 1991 bis 1993 sank in Ostdeutschland der Ausstoß von Kohlendioxid um 48,9 Prozent, von Kohlenmonoxid um 33 Prozent und von Schwefeldioxid um 34,5 Prozent. Auch der Anteil von Staubpartikeln nahm um 46 Prozent ab. Diese Zahlen sind dem neuesten Zweijahresbericht über den Zustand der Umwelt entnommen, den Umweltminister Töpfer gestern in Bonn vorgestellt hat. Auch der wahlkämpfende Christdemokrat kann sich nicht so recht darüber freuen. Zu offensichtlich ist der Erfolg nicht sein Verdienst. In weit höherem Ausmaß als die Umweltbelastung sank die Produktion der ehemaligen DDR- Industrie.

Die Kosten des Zusammenbruchs schlagen denn auch in der Umweltbilanz zu Buche. Zwar werden heute die (westlichen) Grenzwerte für Schwefeldioxid und Staub in den ostdeutschen Ballungsräumen nicht mehr überschritten. Aber die menschliche Gesundheit leidet noch immer unter den Nachwirkungen des Raubbaus. Zum Beispiel ist Muttermilch in Ostdeutschland um mehr als das Doppelte höher mit DDT belastet als die Milch westdeutscher Mütter. Etwa 23 Milliarden Mark überwies die Bundesregierung in die neuen Länder, um dort „unmittelbare Gesundheitsgefährdungen“ abzuwenden, heißt es in Töpfers Bericht. Vier Milliarden Mark kosteten allein 31 neue Kläranlagen im Einzugsgebiet der Elbe.

Im Westen dagegen nichts Neues. Die Katalysatoren, mit denen hier inzwischen etwa die Hälfte der Pkw ausgerüstet sind, haben in fünf Jahren den Ausstoß von Stickoxiden um 20 Prozent verringert. Aber der Effekt wurde kompensiert durch den wachsenden Gütertransport auf der Straße, die stärkeren Motoren der neuen Automodelle und das schärfere Tempo auf den Autobahnen. Der Spritverbrauch der westdeutschen Pkw- Flotte sank in fünf Jahren um grade mal 0,8 Liter, die Menge der Stickoxide aus den Auspufftöpfen der Lastwagen stieg im selben Zeitraum von 520.000 auf 733.000 Jahrestonnen.

Politische Schlüsse gegen den Autoverkehr mochte Minister Töpfer aus diesem Befund nicht ziehen. Er kündigte lediglich eine deutsche Initiative in der EU an, den Anteil von (krebserregendem) Benzol im Benzin zu reduzieren, auch sollten noch mehr Pkw mit Katalysatoren ausgerüstet werden. Die Lastwagen verdrängen weiterhin die Bahn, sie übernahmen auch in Ostdeutschland den größten Teil der Gütertransporte. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes sank in der ehemaligen DDR der Anteil der Bahn am Binnenverkehr von einst 72 Prozent auf heute noch etwa 20 Prozent. Niklaus Hablützel