Erste Krise in Mandelas Kabinett

■ Finanzminister trat zurück / Unstimmigkeiten über Defizit

Johannesburg (taz) – Südafrikas Staatspräsident Nelson Mandela versucht derzeit, die erste Krise seiner Regierung möglichst rasch zu beenden. Nachdem der überraschende Rücktritt von Finanzminister Derek Keys am Montag die Börse in Aufruhr versetzt hatte und Zweifel an der südafrikanischen Finanzpolitik erweckte, gab er auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz den Namen des Nachfolgers bekannt: der parteilose sechzigjährige Bankier Chris Liebenberg, einst Chef der südafrikanischen Nedbank. Liebenberg gilt als Technokrat, der sich aber um die Förderung des schwarzen Unternehmertums am Kap bemüht hatte.

Doch die Ernennung konnte das Mißtrauen nicht völlig ausräumen. Die Begründung Keys, er würde aus persönlichen Gründen sein Amt aufgeben, überzeugte nicht jeden. In Wirtschaftskreisen wird nicht ausgeschlossen, daß es Meinungsverschiedenheiten über den nächsten Haushaltsplan gegeben hat.

Keys machte sich in der Vergangenheit bei der Weltbank für einen rund 2,5 Milliarden Dollar umfassenden Kredit zur Finanzierung des anspruchsvollen „Wiederaufbauprogramms“ stark, das als Wahlkampfgrundlage des ANC unter Mandela diente. Im Gegenzug legte er ein Versprechen ab, das Haushaltsdefizit von bisher 6,9 auf jetzt 6,6 Prozent des Bruttosozialprodukts zu drücken. Die Meßlatte wurde jedoch erst nach einem für Keys peinlichen Zahlenspiel erreicht. Die Mandela-Regierung addierte kurzerhand den „informellen Sektor“ zum Bruttosozialprodukt.

Keys galt als Garant für Haushaltsdisziplin und als Symbol der Kontinuität der Wirtschaftspolitik an Südafrikas Unternehmerschaft, die vorwiegend von Weißen kontrolliert wird. Er hatte schon in der weißen Minderheitsregierung von Frederik de Klerk amtiert. Zusammen mit Zentralbankchef Chris Stals sollte er für Vertrauen in der Privatwirtschaft sorgen. Willy Germund